Betriebsunterbrechung und Sachschaden

Sachschäden und Betriebsunterbrechungen (BU) hängen oft eng zusammen – und stellen Unternehmen vor besondere Herausforderungen. In diesem Blogbeitrag erklären wir Ihnen die wichtigsten Unterschiede, zeigen typische Praxisbeispiele und erläutern die Zusammenhänge bei Versicherungsschäden.

​Wie unterscheiden sich Betriebsunterbruchs- und Sachschäden?

Was ist ein Sachschaden?

Ein Sachschaden bezieht sich in der Regel auf materielle oder physische Schäden, die an Eigentum durch verschiedene Ursachen – wie etwa Naturkatastrophen, Feuer oder Vandalismus – entstanden sind. Diese Schäden sind sichtbar und können vielfach direkt bemessen und bewertet werden. Diese Bewertung erfolgt zumeist zum Wiederherstellungswert, was den Reparaturkosten des beschädigten Gegenstands entspricht.

Bei einem Totalverlust werden meist die Kosten für den gleichwertigen Ersatz durch die Versicherung übernommen. Diese entsprechen je nach Ausgestaltung des Versicherungsvertrags dem Zeit- oder Neuwert.

W​as versteht man unter einem Betriebsunterbruchsschaden?

Ein Betriebsunterbruchschaden bezeichnet hingegen die finanziellen Auswirkungen, die sich aus einem Sachschaden ergeben können, insbesondere wenn dadurch die Geschäftstätigkeit beeinträchtigt wird. Dazu gehört vor allem auch der entgangene Gewinn während der Wiederherstellung oder Reparatur der beschädigten Güter.

Die Ermittlung eines Betriebsunterbruchschadens ist jedoch komplex, da der Umsatzausfall unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage bei Schadenseintritt, die nicht anfallenden direkten Kosten (Deckungsbeitrag), die eingesparten variablen Betriebskosten sowie die allfälligen Mehraufwendungen zur Schadensminderung ermittelt werden müssen.

Ein wesentlicher Unterschied zwischen Betriebsunterbruch- und anderen Sachschäden besteht auch in der zeitlichen Abfolge: Die Bewertung des Sachschadens kann in der Regel ohne grosse zeitliche Verzögerung vorgenommen werden. Der daraus entstandene Schaden aus Betriebsunterbrechung tritt jedoch zeitlich versetzt auf und erstreckt sich je nach versicherter Schadensperiode bis zur Behebung des entstandenen Schadens über einen längeren Zeitraum. Ein weiterer grundsätzlicher Unterschied liegt darin, dass Sachschäden die Bilanz und Betriebsunterbrechungsschäden die Erfolgsrechnung betreffen.

​​Sachschaden und Betriebsunterbruch – ein Praxisbeispiel

Der Brand in einem Restaurant ist ein Beispiel für einen Sachschaden, der zu einem Betriebsunterbruch führt:

In einem beliebten Restaurant bricht in der Küche ein Feuer aus. Glücklicherweise kommt niemand zu Schaden, aber die Küche und Teile des Essbereichs werden durch das Feuer, den entstandenen Rauch sowie die Brandbekämpfung stark beschädigt. Solche physischen Schäden an der Infrastruktur und Ausstattung des Restaurants stellen einen Sachschaden dar, welcher in der Regel von einem Sachverständigen vor Ort bestimmt wird.

Da die Küche und Teile des Essbereichs für einen unbestimmten Zeitraum nicht nutzbar sind, kann das Restaurant temporär nicht weiter betrieben werden. Dies führt zu einem Betriebsunterbruch. Während dieser Zeit kann das Restaurant keine Kundinnen und Kunden bedienen und verliert folglich Einnahmen. Die direkten Kosten – etwa für Material und Waren – sowie laufende Ausgaben wie Miete, fixe Gehälter und Versicherungen bleiben in der Regel bestehen. Aufgrund des Unterbruchs muss das Restaurant ausserdem bereits eingekaufte und vom Brand nicht beschädigte Frischwaren vernichten. Das alles sind typische finanzielle Auswirkungen, die ein Betriebsausfall verursacht.

Betriebsunterbrechung bei verbundenen Unternehmen

Bei der Berechnung von Betriebsunterbrechungen (BU) in einem Konzern müssen Sie die Auswirkungen von konzerninternen Verrechnungen berücksichtigen. Dies liegt daran, dass diese Transaktionen den Schaden aus Betriebsunterbrechung für die einzelnen Konzerngesellschaften durch Abhängigkeiten, Verrechnungen und Verschiebungen beeinflussen können.

Wenn beispielsweise ein Unternehmen B Leistungen von einem anderen Unternehmen A innerhalb desselben Konzerns bezieht und Unternehmen A einen Wasserschaden erleidet, der zu einem Betriebsunterbruch führt, sind Unternehmen B und die gesamte Unternehmensgruppe auch von dieser Unterbrechung betroffen. Daher müssen diese finanziellen Zusammenhänge bei der Berechnung des Betriebsunterbrechungsschadens berücksichtigt werden.

​​Betriebsunterbrechung: Ein Blick in die Praxis

Ein weiteres Beispiel, um die finanziellen Folgen einer Betriebsunterbrechung zu verdeutlichen:

Ein Unternehmen im Velobereich besteht aus den Produktions- und Vertriebsbetrieben. Einerseits werden Eigenprodukte (E-Bikes) im Betrieb A hergestellt und durch den Betrieb B vertrieben. Andererseits werden durch den Betrieb B verschiedene Fahrradmarken (ohne E-Bikes) angekauft und verkauft. Vor dem Schaden präsentiert sich die Jahresrechnung nach Betrieben folgendermassen. Die Effekte unterhalb des Bruttogewinns werden hier nicht thematisiert:

vor Schaden Jahresrechnung Betrieb A "Produktion" Betrieb B "Eigenprodukte" Fremdprodukte
Umsatz 370'000 120'000 150'000 100'000
Materialaufwand 255'000 50'000 120'000 85'000
Bruttogewinn 115'000 70'000 30'000 15'000
in % 31% 58% 20% 15%
 

Aufgrund eines Wassereinbruchs am betriebseigenen Produktionsstandort können drei Monate lang keine E-Bikes produziert werden. Der Vertriebsstandort ist von diesem Wasserschaden hingegen nicht direkt betroffen und kann den Betrieb aufrechterhalten. Durch die geringere Produktionsmenge der E-Bikes werden jedoch weniger E-Bikes der Eigenmarke verkauft. Finanziell führt das wiederum zu folgender Situation:

vor Schaden Jahresrechnung Betrieb A "Produktion" Betrieb B "Eigenprodukte" Fremdprodukte
Umsatz 272'500 90'000 112'500 70'000
Materialaufwand 187'000 37'500 90'000 59'500
Bruttogewinn 85'500 52'500 22'500 10'500
in % 31% 58% 20% 15%
 

Beim Produktionsbetrieb A führt der Wassereinbruch drei Monate lang zu einem kompletten Ausfall der Produktion – das schmälert den Absatz im Vertriebsbetrieb erheblich.

Die Produktion im Betrieb A war vor dem Schadensereignis voll ausgelastet, daher konnte diese nach der Wiederinbetriebnahme nicht aufgeholt werden. Der Verkauf von Fremdprodukten hingegen wurde nicht vom Betriebsunterbruch im Betrieb A beeinträchtigt, ging jedoch aufgrund der generell höheren Nachfrage an E-Bikes zurück.

Die Differenz des Bruttogewinns vor und während des Schadenereignisses beträgt CHF 29'500. Davon können jedoch nur CHF 25'000 als Schaden aufgrund einer Betriebsunterbrechung geltend gemacht werden (CHF 17'500 aus Betrieb A und CHF 7'500 aus Betrieb B). Der zurückgegangene Bruttogewinn aus dem geringeren Verkauf von Fremdprodukten im Betrieb B kann hingegen nicht direkt auf den Wassereinbruch im Betrieb A zurückgeführt werden.

Warum die genaue Abgrenzung von Sach- und Betriebsunterbrechungsschäden so wichtig ist

Sachschäden sind physische Schäden an Eigentum – Betriebsunterbrechungsschäden hingegen betreffen die finanziellen Auswirkungen, oft über einen längeren Zeitraum. Beide Schadensarten greifen ineinander und beeinflussen sich gegenseitig. Die Abgrenzung dieser Schäden ist komplex und erfordert eine detaillierte und professionelle Beurteilung.

Gerade bei komplexen Unternehmensstrukturen oder Konzernen in Zusammenhang mit internen Leistungsverrechnungen sind fundierte Analysen entscheidend, um Betriebsunterbrechungsschäden korrekt zu berechnen – und so finanzielle Risiken richtig einzuschätzen. Praxisbeispiele wie Brände oder Produktionsausfälle zeigen: Schäden tangieren nicht nur das unmittelbar betroffene Unternehmen, sondern auch verbundene Unternehmen.

BDO unterstützt Sie mit umfassender Expertise in der Bewertung und Regulierung von Sach- und Betriebsunterbrechungsschäden – damit Ihr Unternehmen auch nach einem Schadenereignis schnell wieder auf Kurs ist.

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