CSRD, VSME & ESRS 2.0: Ein Leitfaden für Entscheidungsträger - Wer ist betroffen und ab wann?

Was Unternehmen jetzt wissen und tun müssen

Die regulatorische Landschaft der EU zur Nachhaltigkeitsberichterstattung befindet sich im Umbruch. Mit dem sogenannten Omnibus-Vorschlag will die EU-Kommission wesentliche Teile der CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive), der ESRS (European Sustainability Reporting Standards) und verwandter Regulierungen wie der CSDDD (Corporate Sustainability Due Diligence Directive) oder der Taxonomie-Verordnung verschlanken und vereinfachen. Doch was gilt aktuell – und was ist in den kommenden Jahren zu erwarten? 

Status Quo der CSRD: Wer muss wann berichten?

Um die Auswirkungen der aktuellen europäischen Regulierungen vollständig zu verstehen, lohnt ein Blick auf die geplanten Änderungen im Rahmen der aktuellen Omnibus-Verordnungen. Das Europäische Parlament befindet sich derzeit in der Sommerpause, die Plenarsitzungen werden Anfang September wieder aufgenommen. Daher ist jetzt ein guter Zeitpunkt, um sich einen Überblick über die Fortschritte bei der Vereinfachung der Nachhaltigkeitsvorschriften zu verschaffen. 

Zur Einordnung: Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) trat Anfang 2023 in Kraft, kurz darauf wurden die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) veröffentlicht. Die Richtlinie verpflichtet Unternehmen innerhalb der EU sowie Nicht-EU-Unternehmen mit Tochtergesellschaften in der EU in vier Wellen zur Veröffentlichung eines Nachhaltigkeitsberichts. 

Welle 1: Unternehmen nach bisheriger NFRD (Non-Financial Reporting Directive) Unterlagen

Wer? EU Public Interest Entities (PIE) wie grosse börsennotierte Unternehmen, Banken und Versicherungen mit mehr als 500 Mitarbeitenden in der EU.
Pflicht: Erstmalige Berichterstattung 2025 für das Geschäftsjahr 2024.

Welle 2: Grosse Unternehmen (nicht in der EU börsennotiert)

Wer? Unternehmen, die mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllen:

  • Mehr als 250 Mitarbeitende
  • Bilanzsumme > 25 Millionen Euro
  • Umsatz > 50 Millionen Euro

Pflicht: Erstmalige Berichterstattung 2026 für das Geschäftsjahr 2025.

Welle 3: Börsennotierte KMU sowie kleine und nicht komplexe Kreditinstitute

Pflicht: Erstmalige Berichterstattung 2027 für das Geschäftsjahr 2026. 

Übergangsregel: Börsennotierte KMU können die Berichtspflicht um zwei Jahre verschieben und erstmals 2029 für das Geschäftsjahr 2028 berichten. 

Welle 4: Nicht-EU-Unternehmen mit einer Tochtergesellschaft in der EU

Wer? Unternehmen, die

  • in der EU mindestens 150 Millionen Euro Umsatz erzielen und
  • entweder Konzernmutter von EU-Tochtergesellschaften sind, die nach CSRD als «grosse Unternehmen» oder als börsennotierte KMU gelten, 
  • oder mindestens eine EU-Tochtergesellschaft haben, die mehr als 50 Millionen Euro Umsatz macht.

Pflicht: Erstmalige Berichterstattung 2029 für das Geschäftsjahr 2028. 

Besonderheit Grundlage sind die NESRS (Berichtsstandards für Nicht-EU-Unternehmen), die bis zum 30. Juni 2026 als delegierte Rechtsakte veröffentlicht werden sollen. 

Omnibus-Vorschlag - Weniger Pflicht, mehr Klarheit?

Im Februar 2025 veröffentlichte die EU-Kommission den sogenannten Omnibus-Vorschlag. Ziel ist es, den administrativen Aufwand für Unternehmen zu verringern und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu steigern. Die wichtigsten Elemente sind: 

Stop the Clock» – Fristverschiebung für Wellen 2 & 3 

Am 14. April 2025 hat das EU-Parlament den Änderungsantrag «Stop the Clock» der EU-Kommission angenommen. Er beinhaltet: 

  • Verschiebung der CSRD-Berichtspflichten um zwei Jahre für:
    • (1) Unternehmen, die im Jahr 2026 einen Nachhaltigkeitsbericht für das Geschäftsjahr 2025 veröffentlichen müssen («Welle 2»)
    • (2) Unternehmen, die im Jahr 2027 einen Nachhaltigkeitsbericht für das Geschäftsjahr 2026 veröffentlichen müssen («Welle 3»)
  • Verschiebung der CSDDD-Umsetzungsfrist um ein Jahr. 

Content Proposal» – Eingrenzung des Anwendungsbereichs 

Die EU-Kommission schlägt zudem vor, die Berichtspflichten enger zu fassen. Neu sollen nur noch Unternehmen verpflichtet sein, wenn sie: 

  • mehr als 1'000 Mitarbeitende haben und
  • entweder eine Bilanzsumme von > 25 Millionen Euro oder einen Umsatz von > 50 Millionen Euro erzielen.

Für Nicht-EU-Unternehmen mit Tochtergesellschaften in der EU gilt die Pflicht nur, wenn sie: 

  • in der EU mehr als 450 Millionen Euro Umsatz erwirtschaften und
  • der Umsatz einer EU-Tochtergesellschaft 50 Millionen Euro übersteigt.

Weitere Änderungen:

  • Börsennotierte KMU wären von der CSRD-Berichtspflicht befreit.
  • Anfragen entlang der Wertschöpfungskette sollten sich auf die im VSME-Standard (Voluntary standard for micro, small and medium sized enterprises) definierten Datenpunkte beschränken. 
  • EU-PIE-Unternehmen mit weniger als 1'000 Mitarbeitenden wären ebenfalls von der Berichtspflicht befreit. 

Auswirkung:Die Zahl der berichtspflichtigen Unternehmen in der EU würde von ca. 50'000 auf unter 10'000 sinken – rund 80% der Unternehmen fielen aus dem Anwendungsbereich. Damit der Vorschlag in Kraft tritt, müssen der Rat der EU und das EU-Parlament zustimmen. 

Weitere Entwicklungen

Der Rat der EU hat am 23. Juni 2025 seinen Standpunkt verabschiedet, der über den Omnibus-Vorschlag der EU-Kommission hinausgeht.Vorgesehen ist, dass ausschliesslich Unternehmen im Rahmen der CSRD Bericht erstatten müssen, die die nachfolgenden Kriterien erfüllen: 

  • Mehr als 1'000 Mitarbeitende und
  • ein Umsatz von mehr als 450 Millionen Euro.

Dies reduziert die Zahl der berichtspflichtigen Unternehmen nochmals auf etwa 5'000 Unternehmen, was einer Befreiung von rund 90% gegenüber dem ursprünglichen Anwendungsbereich der CSRD entspricht. Darüber hinaus schlug der Rat vor, die Notwendigkeit von Klimaübergangsplänen um zwei Jahre zu verschieben und eine Grenze für die Erhebung von Informationen von Akteuren der Wertschöpfungskette festzulegen. Wenn Akteure der Wertschöpfungskette weniger als 1'000 Mitarbeitende haben, müssen sie nur die im VSME enthaltenen Informationen bereitstellen und können weitere Datenanfragen ablehnen. Die verschiedenen Fraktionen des Parlaments haben über 800 Änderungsanträge eingebracht, mit Schwellenwerten zwischen 250 und 3'000 Mitarbeitenden. 

Die Verhandlungen zwischen Rat und Parlament laufen seit dem 15. Juli 2025. Eine endgültige Abstimmung über die Änderungsanträge wird frühestens im Oktober 2025 erwartet. 

Überarbeitete ESRS 2.0

Darüber hinaus hat die EU-Kommission eine Überarbeitung der CSRD vorgeschlagen und die EFRAG (European Financial Reporting Advisory Group) im März 2025 beauftragt, die bestehenden ESRS-Standards zu vereinfachen. Die EFRAG arbeitet aktuell an der Vereinfachung der ESRS-Standards. In ihrem Fortschrittsbericht vom 19. Juni 2025 kündigt die EFRAG folgende Änderungen an: 

  • Vereinfachung der doppelten Wesentlichkeitsprüfung (DMA)
  • Bessere Lesbarkeit der Nachhaltigkeitserklärungen und stärkere Einbindung in die Unternehmensberichterstattung 
  • Neuausrichtung der Beziehung zwischen Mindestangabepflicht (MDR) und thematischen Spezifikationen
  • Verbesserte Verständlichkeit, Klarheit und Zugänglichkeit der Standards
  • Zusätzliche Erleichterungen zur Verringerung des administrativen Aufwands
  • Verbesserte Interoperabilität

Ein zentrales Ergebnis des Berichts: Die Anzahl der Datenpunkte soll um über 50% sinken, da nahezu alle freiwilligen Angaben gegenüber den ursprünglichen CSRD-Datenanforderungen gestrichen werden. 

Am 31. Juli 2025 veröffentlichte die EFRAG die ESRS-Entwürfe. Diese sehen vor:  

  • Reduktion der obligatorischen Datenpunkte um 57%
  • Verringerung der Gesamtzahl der obligatorischen und freiwilligen Angaben um 68% 
  • Streichung freiwilliger Angaben
  • Beseitigung von Doppelungen
  • Einführung von Erleichterungen und Ausnahmen für unangemessene Kosten oder Aufwände 

Die öffentliche Konsultation zu diesen Entwürfen läuft vom 31. Juli bis 29. September 2025. Die endgültige Fassung des ESRS 2.0-Standards soll am 30. November 2025 der EU-Kommission vorgelegt werden. 

Erleichterungen für Unternehmen der Welle 1

Da der Omnibus-Vorschlag nur Unternehmen der Wellen 2, 3 und 4 betrifft, wird erwartet, dass Unternehmen der Welle 1 ihre Berichterstattung in den Geschäftsjahren 2025 und 2026 fortsetzen. Als Erleichterung für die berichtspflichtigen Unternehmen der ersten Welle (EU-PIE, Banken und Versicherungsanbieter) hat die EU-Kommission im Juli 2025 einen delegierten Rechtsakt («Quick Fix») verabschiedet. Dieser ermöglicht es Unternehmen der ersten Welle, die Übergangsregelungen für den Berichtszyklus der Geschäftsjahre 2025 und 2026 weiterhin anzuwenden. 

Daher wird erwartet, dass Unternehmen der ersten Welle für das Geschäftsjahr 2025 weiterhin die ursprünglichen CSRD-Standards mit den oben genannten Erleichterungen anwenden und ab dem Geschäftsjahr 2027 ESRS 2.0 übernehmen werden. 

VSME: Einfacher Einstieg für KMU in die Nachhaltigkeit

Der VSME wurde im Dezember 2024 von der EFRAG veröffentlicht. Der VSME soll KMU dabei helfen, ihre Nachhaltigkeitspraktiken gegenüber Stakeholdern entlang der Wertschöpfungskette transparent zu machen. Dieser Standard ist freiwillig und dient nicht der Compliance. Das Ziel des VSME ist es jedoch, einen einheitlichen Rahmen zu schaffen, der es KMU ermöglicht, ihre Nachhaltigkeitsinformationen an Banken, Investoren, Kunden und Lieferanten kommunizieren zu können und so von zahlreichen unkoordinierten ESG-Datenanfragen entlastet werden. 

Der VSME-Standard hat die Komplexität der Nachhaltigkeitsberichterstattung durch einen einfachen modularen Ansatz und den Wegfall der Wesentlichkeitsanalyse reduziert und damit sichergestellt, dass der Arbeitsaufwand und die Ressourcen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung auf die Fähigkeiten von KMU ausgerichtet sind. Ein wesentlicher Vorteil des modularen Aufbaus des VSME-Standards besteht darin, dass Unternehmen zunächst mit dem Basismodul beginnen können und mit zunehmender Reife des Datenqualitäts- und Erfassungsprozesses schrittweise zum umfassenden Modul übergehen können, ohne dem Druck einer obligatorischen Berichterstattung ausgesetzt zu sein. So können KMU nachhaltigkeitsbezogene Risiken besser managen, die ihre Geschäftstätigkeit beeinflussen könnten. Zudem erhalten sie leichter Zugang zu Finanzierungen. Banken und Investoren prüfen heute regelmässig Nachhaltigkeitskriterien, bevor sie Finanzierungen gewähren. 

Darüber hinaus empfiehlt die EU-Kommission in ihrer Stellungnahme vom 30. Juli 2025, dass nicht börsennotierte KMU und Kleinstunternehmen den VSME-Berichtsstandard aktiv übernehmen, da dies KMU dabei helfen wird, ihre Resilienz in Bezug auf Nachhaltigkeitsfragen zu verstehen und ihre Wettbewerbsfähigkeit in ihren jeweiligen Branchen zu verbessern. 

Was ist als Nächstes zu erwarten?

Weitere Verhandlungen auf Ebene des EU-Parlaments sind für den 1. und 22. September geplant. Über die vorgeschlagenen Änderungen wird am 13. Oktober 2025 abgestimmt. Diese Abstimmung wird über den Vorschlag des EU-Parlaments zum Omnibus-Vorschlag entscheiden. 

Die Trilog-Verhandlungen zwischen der EU-Kommission, dem Rat der EU und dem EU-Parlament über den «Content Proposal» finden von Oktober bis Dezember 2025 statt. Die endgültige Abstimmung und Verabschiedung des Omnibus-Vorschlags als Rechtsakt erfolgt Ende 2025 oder Anfang 2026. 

Sobald die endgültige Fassung des technischen Entwurfs von ESRS 2.0 am 30. November 2025 von der EFRAG bei der EU-Kommission eingereicht wurde, muss diese innerhalb von sechs Monaten nach Festlegung der CSRD-Schwelle durch die EU-Kommission, den Rat der EU und das Parlament in einem delegierten Rechtsakt veröffentlicht werden. Nach Fertigstellung wird das neue ESRS 2.0 schliesslich zwei Monate nach Veröffentlichung des delegierten Rechtsakts im Amtsblatt der EU veröffentlicht. 

Was können Unternehmen tun, um diese Unsicherheiten zu überwinden?

Bis die CSRD- und Omnibus-Vorschläge sowie die Schwellenwerte für Unternehmen auf EU-Ebene beschlossen sind, bleibt der regulatorische Rahmen unsicher. Dennoch können Unternehmen bereits jetzt aktiv werden: 

  • Ressourcen einsetzen, um die Lücken zu schliessen und Datenerfassungsprozesse für Datenpunkte im Zusammenhang mit Emissionen, Governance und zentralen sozialen Kennzahlen wie Gesundheit und Sicherheit einzurichten. 
  • Den VSME-Berichtsstandard als pragmatische und effiziente Alternative zur CSRD in Betracht ziehen - insbesondere für KMU.
  • Den Fokus auf Nachhaltigkeitsthemen legen, die langfristigen Unternehmenswert schaffen. Banken, Kreditinstitute und Investoren werden entsprechende Daten bei der Vergabe von Darlehen und Krediten in Zukunft regelmässig einfordern - unabhängig vom Umfang der CSRD. 
  • Sicherstellen, dass die gesammelten Nachhaltigkeitsdaten genau, zuverlässig und für eine begrenzte Prüfung bereit sind, indem robuste Governance-Strukturen und interne Kontrollen etabliert werden. 
  • Entwicklungen sowohl auf EU-Ebene als auch in den Mitgliedstaaten kontinuierlich verfolgen, um frühzeitig auf potenzielle Abweichungen bei der Compliance reagieren zu können. 

    Für Fragen oder Unterstützung zu den Omnibus-Vorschlägen, zur VSME-Berichtserstattung oder zu den neuen ESRS 2.0-Entwürfen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns unter sustainability@bdo.ch.  

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