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Marktmanipulation ist der Versuch, den Preis eines Vermögenswerts oder das Verhalten des Marktes künstlich zu beeinflussen. In der Regel handelt es sich dabei um eine Einzelperson oder eine Gruppe, die versucht, eine Illusion auf dem Markt zu erzeugen, um von den Folgen zu profitieren. Viele dieser manipulativen Taktiken wurden an den Aktienmärkten von den Aufsichtsbehörden verboten. Strenge Überwachungs-, Melde- und Prüfungsanforderungen schaffen daher Risiken für diejenigen, die sie anwenden. Weiter bestehen gut entwickelte Mechanismen, um Missetäter schnell zu identifizieren und zu verfolgen.
Davon, dass es keine Marktmanipulation gäbe, ist die Kryptowelt heute weit entfernt: Sie ist unreguliert, anonym, und Personen oder Institutionen mit grossen Beständen, sogenannte Whales, können ungestraft handeln. Täglich lassen sich zahlreiche manipulative Taktiken beobachten, die auf Kursmanipulationen abzielen und neue Investoren oder unerfahrene Händler in Panik versetzen. Welche Methoden sind am meisten verbreitet? Und woran lassen sich diese erkennen? Wir werfen einen Blick auf drei verbreitete Methoden der Manipulation an Kryptomärkten.
Pump and Dump
Die gängigste Technik an den Kryptomärkten ist die Initiierung eines sogenannten Pump and Dump. Hierbei versuchen Insider oder andere Marktteilnehmer, den Wert eines Coins solange in die Höhe zu treiben, bis er Aufmerksamkeit erregt. Wird ein gewisser Preisanstieg erreicht, werden individuelle Investoren aufmerksam und wollen an den Kursgewinnen teilhaben. Dieses Phänomen nennt man «fear of missing out» oder kurz «FOMO». Sobald weitere Investoren in den Markt einsteigen, stösst die Gruppe den Coin mit einem ordentlichen Gewinn ab. An den Aktienmärkten wurde diese Technik bei Penny Stocks, also bei Aktien mit einem tiefen Kurswert, eingesetzt. Im Bereich der Kryptowährungen sind Altcoins mit geringer Liquidität ein perfektes Ziel. Ein Beispiel:
Der «Squid Game»-Coin hat seinen Namen von der populären Netflix-Serie erhalten und ist seit dem 26. Oktober 2021 handelbar, der Einstiegspreis lag bei rund 0.124 Euro. Am 1. November 2021, um 10.25 Uhr, erreichte der Preis den Höchststand von 543.06 Euro — ein Gewinn von über 400'000%. 15 Minuten (!) später lag der Kurs wieder bei rund 0.002 Euro.
Es ist unmöglich, den genauen Zeitpunkt eines Pump and Dump vorherzusagen. Die Entwickler hinter diesen Tokens, zu denen immer öfter auch sogenannte Meme Coins gehören, geben sich alle Mühe, ihr Projekt als legitim erscheinen zu lassen. So auch im Falle des Baby Musk Coins, benannt nach Elon Musk, der am 9. Februar 2022 beinahe 100% seines Werts innerhalb von wenigen Minuten verloren hat. Das Projekt sammelte während seines Initial Coin Offerings (ICO), der Anfang Februar 2022 stattfand, über 2 Millionen US-Dollar ein.
Es gibt aber verschiedene Anzeichen, um ein eventuelles Pump-and-Dump-Schema zu erkennen. Die meisten Pump and Dumps finden bei Coins mit geringer Marktkapitalisierung statt, die nicht in der Top-100-Liste aufgeführt sind. Besonders anfällig sind Coins mit geringer Liquidität. Viele Kursbewegungen nach oben und unten an nur einer Handvoll Börsen sind ein Hinweis darauf, dass es sich eher um eine koordinierte Aktion als um organisches Marktverhalten handelt. Ein weiteres Indiz ist eine plötzliche Verbreitung des Coins auf den sozialen Medien. Jeden Tag werden neue Kryptowährungen aus dem Boden gestampft, die versuchen, den Zeitgeist aufzugreifen und einen Hype zu generieren. Wenn ein unbekannter Coin mit einer Marktkapitalisierung von nur ein paar Millionen Dollar plötzlich überall auf Twitter und Facebook auftaucht, ist Vorsicht geboten. Schliesslich ist auch das Handelsvolumen ein guter Indikator. Die Initiianten des Pump and Dump haben wahrscheinlich bereits eine Menge Coins angehäuft. Ein hohes Volumen vor einem signifikanten Preisanstieg, das scheinbar aus dem Nichts auftritt, ist verdächtig.
Stop-Loss Hunting
Stop-Losses sind automatische Aufträge zum Verkauf einer Kryptowährung, wenn sie auf ein bestimmtes Niveau fällt. Sie werden auf einer Handelsplattform platziert und können für einen Tag (täglicher Auftrag) oder für immer (gut bis zur Ausführung) offengelassen werden. Wenn Marktteilnehmer zum Ausstieg aus ihren Positionen gezwungen werden sollen, spricht man vom sogenannten Stop-Loss-Hunting, also der Jagd nach allen sichtbaren Stopp-Loss-Positionen.
Die Jäger in diesem Szenario könnten Whales, Broker, Mining-Pools oder grosse Institutionen sein. Die Gejagten, zumeist individuelle Investoren und Händler, sollen zum Ausstieg aus ihren Positionen gezwungen werden, indem die Preise so weit nach unten getrieben werden, dass ihre Stopps ausgelöst werden. Die Motivation für die Jäger besteht darin, den Vermögenswert zu einem niedrigeren Preis zu erwerben.
Die meisten Händler setzen ihre Stopps an wichtigen technischen oder psychologischen Niveaus oder Levels, die Whales bei der Stopp-Loss-Jagd anpeilen. Für Menschen ist es einfacher, ihre Gewinne/Verluste anhand von runden Zahlen einzuteilen. Daher gibt es auf jedem psychologischen Niveau wahrscheinlich eine grosse Anzahl von Stopps, die genau unter diesem Niveau liegen. Nehmen wir als hypothetisches Beispiel den Preis von Ethereum. Man kann davon ausgehen, dass an oder knapp unter der 3'000 US-Dollar Marke eine Menge Stop-Loss-Positionen vorhanden sind. Weitere wichtige Niveaus sind sogenannte Supportlevels, also ein Level, von dem der Preis bei einem fallenden Kurs in der Vergangenheit vermehrt «abgeprallt» ist. Der Ethereum Kurs ist im Dezember 2021 vermehrt auf etwa 3’600 oder 3’700 US-Dollar gefallen, hat sich jedoch immer wieder erholt und ist wieder auf etwa 4’000 US-Dollar oder mehr gestiegen. Wird dieses beispielhafte Supportlevel von 3’600 US-Dollar nun erreicht oder unterschritten, werden unzählige automatisierte Verkaufsaufträge ausgeführt, wobei Whales die Prämie mit einer fast sofortigen Markterholung abschöpfen und weitere Investoren den Kaufaufträgen der Whales folgen.
Da die Kryptomärkte rund um die Uhr aktiv sind, wachen ahnungslose Händler auf und stellen mit Schrecken fest, dass ihre Stopps erreicht und ausgelöst wurden. Die Preise haben sich in der Zwischenzeit aber bereits wieder erholt und sind am Niveau des Vorabends angelangt. Da das Setzen von Stopps immer noch wichtig für das Risikomanagement ist, wenn sich der Markt legitimerweise nach unten bewegt, wird es schwierig, diese Technik zu erkennen und komplett zu vermeiden. Eine Möglichkeit, dies zu tun, sind sogenannte Stop-Limit-Orders. Diese bieten einen bescheidenen Vorteil, um sich vor grösseren Abwärtsrisiken zu schützen, lassen aber gleichzeitig einen gewissen Spielraum, um einen legitimen Ausstiegspunkt zu bestimmen.
Viele Börsen bieten eine Vielzahl von Stopp-Limit-Aufträgen an. Es empfiehlt sich zu analysieren, ob diese für die eigenen Bedürfnisse geeignet sind, um zu verhindern, dass die eigenen Positionen durch solche Taktiken frühzeitig verloren gehen.
Wash Trading
Wash Trading bedeutet in der Regel den gleichzeitigen Kauf und Verkauf desselben Vermögenswerts durch eine Person, eine koordinierte Gruppe von Personen oder durch ein Netzwerk von Bots, also ein Computerprogramm, das sich wiederholende Aufgaben weitgehend automatisch abarbeitet, ohne dabei auf eine Interaktion mit einem menschlichen Benutzer angewiesen zu sein. Die meisten Händler informieren sich über das Handelsvolumen und die Liquidität eines Vermögenswerts, bevor sie investieren. Wash Trading wird eingesetzt, um die Illusion eines aktiven Marktes für einen bestimmten Vermögenswert zu erzeugen. Dadurch wird ein falscher Eindruck des tatsächlichen Handelsvolumens an einer Börse oder auf Websites wie Coinmarketcap vorgegeben, um neue Investoren und Händler anzulocken. Wash Trading lässt sich in der Regel auf zwielichtige Börsen, betrügerische Kryptoprojekte und Individuen, die diese Projekte unterstützen, zurückführen. Auch im Bereich der Non-Fungible Tokens (NFTs) treiben Verkäufer den Wert der digitalen Vermögenswerte durch eine Reihe von fingierten Verkäufen zwischen verbundenen Parteien in die Höhe. Käufer zahlen schlussendlich einen zu hohen Preis.
Fazit
Investitionen in Kryptowährungen sind wie jede andere Investition mit Risiken verbunden. Nebst den zuvor genannten Techniken gibt es unzählige weitere Manipulationsszenarien im Bereich der Kryptowährungen. Je mehr Regulierungen eingeführt werden, desto schwieriger wird es jedoch sein, den Markt zu manipulieren. Und auch wenn immer mehr Kryptobörsen versuchen, den Marktmanipulatoren das Handwerk zu legen, ist das Wissen, wie man gängige Taktiken erkennt und vermeidet, ein wichtiges Werkzeug für jeden individuellen Händler und Investor. Vor allem, weil professionelle Marktmanipulatoren alles tun, um nicht entdeckt zu werden.
Es gibt nichts Besseres als eigene Nachforschungen und Analysen, um Schlussfolgerungen zu ziehen und sich vor manipulativen Techniken zu schützen. Investorinnen und Investoren sind gut beraten, jeden Krypto-Influencer und jeden Investitionstipp zu überprüfen, der Börsen oder Münzen anpreist.
Hinweis: Dieser Artikel wurde auch im Private Magazin, Ausgabe 01/2022, publiziert.