Ferien und Arbeitsrecht – 10 zentrale Fragen
Ferien und Arbeitsrecht – 10 zentrale Fragen
Für viele bedeutet Sommerzeit: Ferienzeit. Damit es in den schönsten Wochen des Jahres zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden nicht zu Missverständnissen kommt, ist es wichtig, einige arbeitsrechtliche Fakten rund um das Thema Ferien zu kennen. Im Folgenden beantworten wir zehn zentrale Fragen rund um die Ferienregelung in der Schweiz.
Wichtige Fragen für Arbeitnehmende und Arbeitgeber zu Ferien- und Arbeitsrecht
1. Stimmt es, dass Arbeitnehmende ab 50 Anspruch auf sechs Wochen Ferien haben?
Nein, das Gesetz sieht keine besonderen Ferienregelungen für ältere Arbeitnehmende vor. Das Gesetz sieht vor, dass ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer jedes Dienstjahr mindestens 4 Wochen Ferien zu gewähren hat. Bei jüngeren Arbeitnehmern bzw. Arbeitnehmerinnen beträgt der Ferienanspruch bis zum vollendeten 20. Altersjahr mindestens 5 Wochen. Es ist jedoch zulässig, im Arbeitsvertrag längere Ferienansprüche zu vereinbaren. Auch Gesamtarbeitsverträge (GAV) können entsprechende Regelungen enthalten.
2. Dürfen Ferien bei einer Arbeitsverhinderung gekürzt werden?
Hierbei ist zu unterscheiden, ob die Arbeitsverhinderung selbstverschuldet ist oder nicht:
Arbeitsverhinderung mit Verschulden (z.B. unentschuldigtes Fernbleiben von der Arbeit)
Liegt ein Verschulden der arbeitnehmenden Person vor, darf der Ferienanspruchs um ein Zwölftel des Jahresferienanspruchs für jeden vollen Abwesenheitsmonat gekürzt werden.
Arbeitsverhinderung ohne Verschulden (z.B. Krankheit oder Schwangerschaft)
Ist die Arbeitsverhinderung jedoch unverschuldet (beispielsweise wegen Krankheit, Unfall, Erfüllung gesetzlicher Pflichten, Ausübung eines öffentlichen Amtes oder Jugendurlaub) ist eine Ferienkürzung erst ab dem zweiten vollendeten Monat der Verhinderung zulässig.
Ist die Verhinderung schwangerschaftsbedingt, ist eine Ferienkürzung erst ab dem dritten vollendeten Monat der Verhinderung zulässig. GAV oder Einzelarbeitsverträge können davon abweichende Regelungen enthalten. Bei reduzierter Arbeitsfähigkeit verlängert sich diese «Schonfrist» entsprechend. Bei 50 % Arbeitsunfähigkeit wäre eine Kürzung z. B. nach vier Monaten möglich – da dann ein ganzer zweiter Monat effektiver Arbeitsausfall vorliegt.
3. Wie sind die Ferien aufzuteilen?
Das Gesetz sieht vor, dass mindestens zwei Wochen Ferien zusammenhängen müssen. Hintergrund ist, dass es aus medizinischer Sicht eine gewisse Zeit dauert, bis die Erholung eintritt.
Auf ausdrücklichen Wunsch des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin hin kann der über die zwei Wochen hinausgehende Ferienanspruch auch in einzelnen Tagen oder Halbtagen bezogen werden.
4. Wann verjähren Ferienansprüche?
Nach herrschender Lehre verjähren Ferienansprüche nach fünf Jahren.
In einem laufenden Arbeitsverhältnis wird ein Ferienguthaben häufig über Jahre hinweg aufgebaut, indem der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin die jährlichen Urlaubstage nicht vollständig ausschöpft und einige Ferientage ins neue Jahr übertragen lässt. Ohne gegenteilige vertragliche Regelung wird zugunsten der Mitarbeitenden davon ausgegangen, dass zuerst die ältesten Ferientage bezogen werden. So wird eine Verjährung in der Praxis meist verhindert. Zudem wird der Restanspruch an Urlaubstagen am Jahresende häufig ausgewiesen und bestätigt – dadurch beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.
5. Wer bestimmt den Zeitpunkt der Ferien?
Gemäss Gesetz bestimmt der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin den Zeitpunkt der Ferien – muss dabei aber möglichst auf die Wünsche der Mitarbeitenden Rücksicht nehmen.
Bei Mitarbeitenden mit schulpflichtigen Kindern sind die Schulferien zu berücksichtigen. Bei betrieblich festgelegten Betriebsferien ist der Ferienbezug in dieser Zeit Pflicht. Auch hier sind jedoch Ausnahmen möglich.
Vereinbarte Ferien kann der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin nicht einfach widerrufen: Ein Widerruf ist lediglich aus dringlichen und unvorhergesehenen betrieblichen Gründen zulässig. In einem solchen Fall muss der entstandene Schaden (z. B. Reisekosten) von der Arbeitgeberseite übernommen werden.
6. Dürfen Ferien während der Kündigungsfrist bezogen werden?
Wenn Arbeitnehmende darauf bestehen, ihre Restferien während der Kündigungsfrist zu beziehen, darf dies nur aus dringender betrieblicher Notwendigkeit verweigert werden.
Hat der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin selbst gekündigt und bereits mehr Ferien bezogen, als ihm oder ihr bis zum Vertragsende zustehen, darf die Differenz vom Lohn in Abzug gebracht werden.
7. Darf während der Ferien gekündigt werden?
Eine Kündigung durch die Arbeitgeberseite während der Ferien ist grundsätzlich möglich.
Allerdings gilt eine Kündigung erst dann als zugestellt, sobald der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin nach den Ferien Kenntnis davon nehmen kann. Bleibt die Person während der Ferien zu Hause, lässt sich die Post nachsenden oder verreist ohne Wissen der Arbeitgeberin bzw. des Arbeitgebers, kann die Kündigung früher als zugestellt gelten.
Wurde unbezahlter Urlaub vereinbart, beginnt die Kündigungsfrist erst nach dessen Ende.
8. Was gilt bei Krankheit oder Unfall während des Urlaubs?
Erkrankt eine Person während ihrer Ferien oder erleidet sie einen Unfall, ist entscheidend, ob der Zustand der Erholung entgegensteht:
Regelmässige Arztbesuche oder mehrtägige Bettlägerigkeit schliessen den Urlaub meist aus. Kleinere Verletzungen, Unwohlsein oder Verstauchungen beeinträchtigen den Erholungswert in der Regel nicht.
9. Darf Ferienguthaben mit Geld abgegolten werden?
Nicht bezogene Urlaubstage dürfen nur nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses monetär abgegolten werden – jedoch nicht vorher.
Ein Sonderfall sind Arbeitnehmende im Stundenlohn: Hier ist besondere Vorsicht geboten. Nur bei sehr unregelmässiger oder kurzfristiger Arbeit ist eine Ferienentschädigung zulässig. Diese muss im Arbeitsvertrag schriftlich korrekt geregelt sein und in jeder Lohnabrechnung sowohl prozentual als auch betragsmässig ausgewiesen werden. Die Auszahlung darf aber erst beim effektiven Ferienbezug erfolgen.
10. Ist während der Ferien eine andere entgeltliche Tätigkeit erlaubt?
Eine entgeltliche Nebentätigkeit ist nur dann erlaubt, wenn dadurch keine berechtigten Interessen der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers verletzt werden. Verboten sind insbesondere konkurrenzierende Tätigkeiten oder solche, die den Erholungszweck der Ferien verhindern.