Lohn oder Dividende - Was müssen Unternehmerinnen und Unternehmer beachten?

Zu viel Liquidität im Unternehmen kann die Nachfolgeregelung erschweren. Es stellt sich für Unternehmerinnen und Unternehmer deshalb nicht die Frage ob, sondern in welcher Form Bezüge erfolgen sollen. Seit der Einführung des Bundesgesetzes über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF) im Jahr 2020 werden Dividenden jedoch weniger stark entlastet. Lohnt es sich aus steuerlicher Sicht nun eher, Lohn statt Dividende zu beziehen? In diesem Artikel erfahren Sie, was Unternehmerinnen und Unternehmer bei der Ausschüttungsplanung beachten sollten.

Warum ist die Wahl zwischen Lohn oder Dividende relevant?

Seit der Einführung der Teilbesteuerung von Dividenden hat das Verhältnis von Lohn zu Dividende bei Unternehmensaktionären stark an Bedeutung gewonnen. Vermögenserträge (wie Dividenden) werden teilbesteuert und unterliegen nicht der AHV-Beitragspflicht, während auf Löhne Sozialversicherungsbeiträge entrichtet werden müssen. Unternehmerinnen und Unternehmer neigen daher dazu, ein geringeres Gehalt zu beziehen und dafür eine hohe Dividende auszuschütten. Dadurch gehen den Ausgleichskassen jedoch hohe Beiträge verloren. Im Rahmen von Arbeitgeberkontrollen kann es daher zur Umqualifizierung von Dividenden in Lohn kommen.

Dabei ist der Bezug von Lohn nicht per se von Nachteil. Eine zu tiefe Lohnzahlung kann auch niedrigere Sozialversicherungsleistungen zur Folge haben. Eine Lohnerhöhung kann hingegen – insbesondere im Hinblick auf Steuer- und Sozialversicherungsoptimierung – attraktive Vorteile bieten, z.B. durch eine Erhöhung des Einkaufspotenzials bei der Pensionskasse. Hinzu kommt, dass die Steuerermässigung auf Dividenden beim Bund und einigen Kantonen seit Einführung der STAF im Jahr 2020 reduziert wurde, was ebenfalls für den Bezug in Form von Lohn sprechen kann.

Rechtliche Grundlagen zur Abgrenzung von Lohn und Dividende

Richtet eine juristische Person (AG oder GmbH) Leistungen an Unternehmensaktionäre aus, stellt sich nicht nur sozialversicherungsrechtlich, sondern auch steuerrechtlich die Frage, ob und inwiefern es sich um Arbeitsentgelt (Lohn) oder um Gewinnausschüttung (Dividende) handelt.

Gemäss Art. 4 und 5 des AHVG unterliegen nur Erwerbseinkommen der AHV-Beitragspflicht, nicht jedoch Vermögenserträge wie Dividenden. Von Erwerbseinkommen kann zudem nur gesprochen werden, wenn eine ausreichende Beziehung zwischen der Entschädigung und dem Arbeitsverhältnis besteht (BGE 122 V 178).

Zudem hat das Bundesgericht die Unterscheidung zwischen Lohn und Dividende mit weiteren Urteilen geschärft und eine Reihe von Spielregeln geschaffen, die in der Wegleitung über den massgebenden Lohn berücksichtigt sind (WML, Rz 2010 ff.).

Lohn oder Dividende: Zwei Kriterien zur Beurteilung

Grundsätzlich wird die durch die Gesellschaft vorgenommene und von den Steuerbehörden akzeptierte Aufteilung zwischen Dividende und Lohn von den Ausgleichskassen übernommen. Die Wegleitung zum massgebenden Lohn (WML) legt jedoch zwei Kriterien fest, die bestimmen, wann eine Dividende als Lohn zu qualifizieren ist. Damit ein offensichtliches Missverhältnis vorliegt, müssen diese kumulativ erfüllt sein.

Kriterium 1: Die 10%-Regel der Dividende

Die Angemessenheit der Dividende bemisst sich grundsätzlich in Relation zum Steuerwert der Wertpapiere (Vermögenssteuerwert). Dieser Steuerwert wird von den Steuerbehörden ermittelt (KS 28 SSK). Wird eine Dividende von 10% oder mehr des Steuerwerts ausgeschüttet, gilt diese potenziell als überhöht (Rz 2018 WML).

Kriterium 2: Branchenübliches Gehalt

Der Lohn muss im Vergleich zu ähnlichen Tätigkeiten und Unternehmensgrössen «branchenüblich» sein. Das wird unter anderem anhand folgender Faktoren beurteilt:

  • Art der Tätigkeit und Pflichtenheft
  • Verantwortung
  • Know-how und Erfahrung
  • Branchenkenntnisse
  • Vergleich mit den an nichtmitarbeitende Inhaberinnen bzw. Inhaber von Beteiligungsrechten ausgeschütteten Gewinnanteilen
  • Vergleich mit Löhnen von Arbeitnehmenden ohne Gesellschaftsbeteiligung

Kontrollschema

Grafik Kontrollschema Lohn Dividende

 

Praxisbeispiel: Umqualifikation von Dividenden

Ein Fallbeispiel zeigt, wie die Ausgleichskasse vorgeht:
Herr B. ist Inhaber und Geschäftsführer einer GmbH. Er beschäftigt keine weiteren Mitarbeitenden. In den Jahren 2021 bis 2024 zahlte er sich hohe Dividenden und einen vergleichsweise tiefen Lohn aus.

Im Rahmen einer Arbeitgeberkontrolle durch die Ausgleichskasse wurde festgestellt, dass die Rendite deutlich über der 10%-Regel lag (Kriterium 1). Ausserdem lag das Gehalt unter dem branchenüblichen Wert (Kriterium 2) von CHF 180'000. Daher wurde die Dividende teilweise als Lohn umqualifiziert.

Berechnung 2021 2022 2023 2024
Steuerwert der Unternehmung 294'000 428'000 406'000 448'800
= max. Dividende (10%-Regel) 29'400 42'800 40'600 44'880
- ausbezahlte Dividende -100'000 -100'000 -100'000 -100'000
(= Rendite in %) 34.0% 23.4% 24.6% 13.4%
= Umqualifikationspotenzial 70'600 57'200 59'400 15'120
 
Branchenüblicher Lohn 180'000 180'000 180'000 180'000
- ausbezahlter Lohn 106'800 110'000 110'000 20'880
= Lohndifferenz 73'200 70'000 70'000 159'120
 
= Umqualifikation* 70'600 57'200 59'400 15'120

* jedoch max. Umqualifikationspotenzial

Lohnrechner «Salarium» als verlässliche Referenz

Das Verwaltungsgericht bestätigte die Berechnungen der Ausgleichskasse und stützte sich dabei auf den Lohnrechner «Salarium» des Bundesamts für Statistik. Dieser dient als Referenz für den branchenüblichen Lohn und wurde durch einen Drittvergleich mit Marktdaten plausibilisiert.

Sodann hielt das Verwaltungsgericht fest, dass sich der branchenübliche Verdienst in erster Linie anhand des vom Bundesamt für Statistik erarbeiteten individuellen Lohnrechners «Salarium» ergibt.

Das Ergebnis aus dem «Salarium» wurde durch die Ausgleichskasse plausibilisiert, indem ein Vergleich mit marktkonformen Erfahrungswerten (Drittvergleich) durchgeführt wurde. Die Begründungen bzw. Argumentationen der Ausgleichskasse sowie des Verwaltungsgerichts wurden schliesslich vom Bundesgericht vollständig geschützt.

Wichtige Punkte für Unternehmerinnen und Unternehmer

Das Verhältnis zwischen Lohn und Dividende kann auch seitens der Steuerbehörden überprüft werden. In der steuerlichen Praxis kommt es jedoch nur selten zu einer Umqualifikation. Wenn überhaupt, dann in Konstellationen, bei denen sich der Unternehmenssitz und der Wohnsitz der Unternehmerinnen und Unternehmer in verschiedenen Kantonen befinden. Somit ist das Augenmerk insbesondere auf die oben beschriebene AHV-rechtliche Qualifikation zu richten.

Eine Korrektur durch die Ausgleichskasse erfolgt nur, wenn ein offensichtliches Missverhältnis zwischen Dividende und eingesetztem Vermögen (10%-Regel) und Arbeitsleistung und Lohn (branchenüblichem Gehalt) besteht. In jedem Fall sollte ein Drittvergleich durchgeführt werden. Dabei wird geprüft, ob unter Berücksichtigung aller objektiven und subjektiven Faktoren die gleiche Vergütung auch an eine aussenstehende Person gezahlt worden wäre.

Praxisgemäss ist es Sache der Ausgleichskassen, selbstständig zu beurteilen, ob ein Einkommensbestandteil als massgebender Lohn oder als Kapitalertrag qualifiziert werden muss. Der in Art. 23 AHVV enthaltenen Ordnung entspricht es, dass sich die Ausgleichskassen in der Regel an die bundessteuerrechtliche Betrachtungsweise halten. Soweit es vertretbar ist, soll eine abweichende Betrachtungsweise der Ausgleichskasse von derjenigen der Steuerbehörde vermieden werden.

Lohn oder Dividende – unser Fazit

Selbst nach der erhöhten Dividendenbesteuerung durch das Inkrafttreten der STAF im Jahr 2020 ist die Wahl zwischen Lohn und Dividende noch immer entscheidend für die Steuer- und Sozialversicherungsoptimierung. Der Einsatz des Lohnrechners «Salarium» bietet eine verlässliche Grundlage für die Planung. Vergleiche mit Marktdaten und ein Drittvergleich sorgen für rechtliche Sicherheit bei der Wahl der optimalen Strategie.

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