Resilienz und nachhaltige Zusammenarbeit in Organisationen
Resilienz und nachhaltige Zusammenarbeit in Organisationen
Damit der Betrieb einer Organisation langfristig gesichert bleibt, bedarf es einer dauerhaften institutionellen und finanziellen Basis. Gleichzeitig sind flexible Strukturen und qualifizierte Mitarbeitende essenziell, um gesellschaftliche Aufgaben im Wandel der Zeit wahrzunehmen, den Wissenstransfer sowie den Aufbau von Netzwerken zu gewährleisten und die Organisation weiterzuentwickeln. Eine nachhaltige Kontinuität hängt massgeblich von einer vertrauensvollen und partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Trägerschaft und Geschäftsführung sowie von frühzeitig geplanten Nachfolgeregelungen ab.
Die Trägerschaft ist je nach Rechtsform als Stiftungsrat, Vereinsvorstand oder als Auftraggeber der öffentlichen Hand ausgestaltet. Dieses strategische Leitungsorgan trägt die Verantwortung, ermöglichende organisatorische Rahmenbedingungen zu schaffen, um Kontinuität zu sichern und die Weiterentwicklung zu fördern. Eine NPO kann nur funktionieren, wenn ihre Trägerschaft vorausschauend handelt, verbindliche Strukturen schafft, das Bestehende kontinuierlich überprüft, bei Bedarf Anpassungen vornimmt und für Erneuerung sorgt.
Die organisatorische Nachhaltigkeit beziehungsweise Resilienz einer NPO hängt vom Vorhandensein bestimmter Instrumente und entsprechender Informationen ab. Nicht jede Organisation muss über alle diese Elemente verfügen. Werden jedoch zu viele davon nicht erfüllt oder sind veraltet, gilt es zu handeln und allenfalls unter Einbezug externer Unterstützung Lücken zu füllen. Wichtiger als alle schriftlichen Dokumente ist jedoch die Zusammenarbeit. Ohne ein funktionierendes Miteinander nützen auch die besten Unterlagen nichts. Dennoch schaffen diese klare Rahmenbedingungen und helfen, Konflikten und Missverständnissen vorzubeugen. Sie sollten regelmässig überprüft und fortlaufend aktualisiert werden.
Grundlage für langfristigen Erfolg: Leitbild und Betriebskonzept
NPOs sind Teil eines fachlichen Netzwerks und zugleich permanent mit dem gesellschaftlichen Wandel konfrontiert. Dieser hat direkten Einfluss auf die Organisationspraxis. Daher müssen sich Organisationen kontinuierlich hinterfragen und agil sowie innovativ bleiben. Dabei ist es wichtig, die Bedürfnisse der Kundschaft zu kennen, gesellschaftliche und organisatorische Trends zu beobachten, sich gegebenenfalls von Überholtem zu verabschieden und fortlaufend nach neuen Möglichkeiten zur Kundenbegeisterung und -bindung zu suchen.
Basis für die Zusammenarbeit zwischen der Geschäftsführung und der Trägerschaft sowie Ausgangspunkt für die Entwicklung der Institution sind das Leitbild und das Betriebskonzept. Sie ermöglichen es, die Identität, Aufgaben, Werte, Vision und Ziele der Organisation sowie ihre Vorgehensweisen zu klären und schriftlich festzuhalten. Beide Dokumente dienen gegen innen und aussen als Referenzdokumente. Sie werden zusammen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der NPO und in Rücksprache mit der Trägerschaft erarbeitet, regelmässig überprüft und kontinuierlich erneuert.
Ein klares Profil mit definierten Schwerpunkten und Prioritäten ist zudem essenziell für eine erfolgreiche Mittelbeschaffung. Dazu müssen sich Geschäftsführung und Trägerschaft über die grundsätzlichen Eckwerte der NPO einig sein. Dies hilft auch dabei, die eigenen Stärken und Schwächen sowie Chancen und Herausforderungen bewusst wahrzunehmen:
- Warum wurde die Organisation gegründet?
- Welche Grundwerte vertritt sie?
- Was ist ihr Alleinstellungsmerkmal?
- Welche Kundinnen und Kunden hat die Organisation?
- Welche Beziehungen bestehen zur (lokalen) Bevölkerung und zur Politik?
- Welche Aktivitäten werden angeboten?
- Mit wem werden Kooperationen eingegangen?
Für eine erfolgreiche Mittelakquise müssen Organisationen in der Lage sein, aufzuzeigen, dass sie gesellschaftlich relevant und organisatorisch effektiv und effizient arbeiten. Dabei ist es unerlässlich, kommende Entwicklungen zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren. Fit ist, wer vorausschauend handelt.
Der Businessplan als Schlüssel zur finanziellen Resilienz
Viele NPOs agieren unter permanenter finanzieller und personeller Ressourcenknappheit. Es gilt nicht nur, die (steigenden) Betriebskosten zu decken, sondern auch unerwartete Ereignisse abzufedern. Verantwortlich dafür ist nicht allein die für Finanzen zuständige Person innerhalb der Trägerschaft, sondern die gesamte Trägerschaft zusammen mit der operativen Geschäftsführung.
Eine Institution gilt als finanziell resilient, wenn sie Krisenereignisse antizipieren und diese ohne nachhaltige finanzielle Folgeschäden überwinden kann. Vorausschauende Finanzplanung bedeutet, proaktiv auf veränderte Gegebenheiten zu reagieren - etwa auf sinkende Einnahmen, steigende Ausgaben oder Liquiditäts- und Finanzierungsbedürfnisse wie Investitionen in das Organisationsgebäude oder die Ausstellungen. Diese Planung basiert auf den gesetzten Rahmenbedingungen aus dem Leitbild und dem Betriebskonzept oder kann sogar Teil davon sein.
Um finanzielle Resilienz zu gewährleisten, sollte sich eine Organisation folgende Fragen stellen:
- Wie setzt sich der Mix der finanziellen Mittel (z.B. Subventionen, Leistungsverträge, Mitgliederbeiträge, Fördervereine, Sponsorengelder etc.) zusammen? Ist dieser genügend diversifiziert, um ein Klumpenrisiko zu vermeiden?
- Stehen die Mittel auch in fünf bis zehn Jahren noch zur Verfügung?
- Wie sieht der Plan B bei sinkenden Erträgen aus?
- Wie lange reichen Eigenmittel beziehungsweise Reserven zur Überbrückung einer Krisensituation?
- Wie ist die Anlagestrategie der Eigenmittel ausgestaltet?
- Ist die (Finanz-)Strategie mit Sponsoren und Geldgebern partnerschaftlich abgestimmt?
- Besteht Transparenz über die Finanzen der Institution (z.B. gegenüber Mittelgebern, Mitgliedern, Spendern, der Öffentlichkeit etc.)?
Die Trägerschaft ist verantwortlich für ein adäquates Risikomanagement und für ein internes Kontrollsystem. Je nach Organisation sind unterschiedliche Risiken relevant, wobei Grösse, Komplexität und Umsatz berücksichtigt werden müssen. Potenzielle Risiken sollten frühzeitig erkannt und entsprechende Auswegstrategien festgelegt werden. Der Wegfall von Leistungsaufträgen oder Finanzmitteln sowie grundlegende gesellschaftliche Veränderungen können existenzgefährdend sein. Schliesslich ist auf eine qualitativ hochwertige Rechnungsrevision durch externe Fachpersonen oder spezifisch geschulte Vereinsmitglieder zu achten.
Rollen und Verantwortlichkeiten festlegen
Eine klare Definition der Rollen und festgelegte Kompetenzabgrenzungen sind Voraussetzungen für eine gute Verständigung zwischen der Geschäftsführung und der Trägerschaft.
Es gilt zu berücksichtigen, dass sich die Mitglieder der Trägerschaft - im Unterschied zu den festangestellten Mitarbeitenden - meist ausserhalb ihrer Arbeitszeit engagieren und nur begrenzte zeitliche Kapazitäten haben. Zudem fehlt es ihnen häufig an spezifischem NPO-Know-how. Die Geschäftsführung verfügt somit über einen Wissens- und Informationsvorsprung, ist näher an den Klienten, an den Inhalten sowie an den Sorgen und Nöten der Mitarbeitenden. Dies ist bei der Erarbeitung von Zielsetzungen und der Zuordnung von Entscheidungskompetenzen zu berücksichtigen.
Pflichtenhefte für Mitarbeitende und Geschäftsführung sind heute Standard. Weniger etabliert sind hingegen Pflichtenhefte für Mitglieder der Trägerschaft. Auch sie sollten Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten einzelner Funktionen klar definieren. Darüber hinaus müssen Finanzbefugnisse und die Unterschriftenregelung schriftlich festgehalten werden, um eine für alle Seiten verbindliche Abgrenzung zu gewährleisten. Ein zusätzliches Funktionendiagramm schafft Klarheit hinsichtlich Prozessen, Aufgabenverteilung, Initiierungs-, Entscheidungs- und Mitwirkungskompetenzen sowie des einzuhaltenden Informationsflusses. Diese Dokumente helfen neuen Mitarbeitenden und Trägerschaftsmitgliedern, sich schneller in der Organisation und ihrer Rolle zurechtzufinden.
Die geschäftsführende Person ist der Trägerschaft unterstellt. In der Regel übernimmt das Präsidium diese Aufgabe stellvertretend für das Gremium und steht mit der Geschäftsführung in regelmässigem Austausch. Im Alltag fungiert das Präsidium als Sparringpartner für die Geschäftsführung und hilft bei dringenden Fällen, schnell Entscheidungen zu treffen.
Sind die Rahmenbedingungen richtig gesetzt, entsteht eine gesunde Distanz zwischen Trägerschaft und Geschäftsführung. Das strategische Gremium kann Vertrauen schenken, punktuell beraten und der operativen Leitung die Freiheit geben, innerhalb der festgelegten Vorgaben kreativ zu arbeiten.
Strategische Steuerung und Zusammenarbeit
Die strategische Steuerung ist die Kernaufgabe der Trägerschaft. Sie erfolgt in Absprache mit der geschäftsführenden Person und gegebenenfalls weiteren Kadermitarbeitenden.
Dazu gehört, dass sich die Geschäftsführung und die Trägerschaft mit dem Umfeld auseinandersetzen, eine Vision festlegen, langfristige Ziele definieren und diese regelmässig überprüfen. Die gesetzten Ziele müssen von der Geschäftsführung durch konkrete Massnahmen und notwendige Mittel und Ressourcen hinterlegt und durch die Trägerschaft auf ihre Erreichung hin kontrolliert werden.
Die Herausforderung beim Zielsetzungsprozess besteht für die Geschäftsführung darin, die auf der strategischen Ebene mit der Trägerschaft vereinbarten Ziele operativ umzusetzen und in die Aufgaben der Mitarbeitenden zu integrieren. Bei der Zieldefinition ist auf die verfügbaren Ressourcen zu achten. Die aus der Zielsetzung abgeleiteten Massnahmen müssen mit den Finanz- und Personalressourcen abgeglichen und priorisiert werden, falls nicht alles gleichzeitig umsetzbar ist.
Erfolgreiche Führung durch das strategische Gremium basiert auf einer ausgewogenen Mischung aus Nähe und Distanz. Sie konzentriert sich auf die Kernaufgaben und beruht auf Vertrauen, dem Delegationsprinzip sowie einem angemessenen Mass an Kontrolle und Risikomanagement.
Die Trägerschaft konzentriert sich auf die strategische Führung, überträgt operative Aufgaben dauerhaft an die geschäftsführende Person und bleibt offen für Neuerungen und Veränderungen. Klare Organisationsinstrumente wie Kompetenzregelungen und Pflichtenhefte erleichtern die Zusammenarbeit und tragen zum Erfolg der Institution bei.
Die Trägerschaft unterstützt die Geschäftsführung in ihrem Wirken. Zudem kommt ihr eine zentrale Rolle in der Repräsentation zu. Mitglieder der Trägerschaft vertreten die Werte und Anliegen der Organisation gegenüber der Öffentlichkeit, der Politik und den Verwaltungen. Die Geschäftsführung wiederum ist der Trägerschaft gegenüber zur transparenten Berichterstattung verpflichtet und muss die gemeinsam festgelegte strategische Ausrichtung und die definierten Ziele konsequent verfolgen. Sie verantwortet die strategische Ausrichtung durch entsprechende inhaltliche Gestaltung, Planung von Aktivitäten und die Beschaffung von Drittmitteln. Zudem trägt sie die Verantwortung für die Personalführung, die Budgetkontrolle sowie die interne und externe Kommunikation.
Sicherung von Kontinuität, Know-how und Netzwerken
Für den langfristigen Betrieb einer Organisation ist die Sicherstellung von Kontinuität zentral. Diese zeigt sich sowohl in der Pflege von Netzwerken als auch im Erhalt von Know-how über personelle Wechsel hinweg. Diese Kontinuität muss sowohl beim Mitarbeiterteam als auch in der Trägerschaft gewährleistet sein. Besonders wichtig ist dabei eine vorausschauende Nachfolgeregelung.
Know-how-Erhalt
- Elementare Prozesse und Kontakte (beispielsweise Sponsoren, Donatoren, Partnerinnen) soweit wie nötig verschriftlichen und durch die Einbindung mehrerer Personen breit abstützen.
- Inhalte und Daten personenunabhängig in einer elektronischen Ablage mit einer gemeinsam definierten Struktur dokumentieren (z.B. Statuten, Strategie, Weisungen etc.).
Netzwerkpflege und -sicherung
- Relevante Netzwerke analysieren und dokumentieren.
- Schlüsselpersonen identifizieren und deren Betreuung durch zwei Personen aus der Trägerschaft und/oder der Geschäftsführung sicherstellen.
Vorausschauende Nachfolgeplanung
Die Neubesetzung der Trägerschaft sollte schrittweise und gestaffelt erfolgen. Gebündelte Rücktritte mehrerer Mitglieder führen oft zu Effizienzeinbussen und einem Verlust an Know-how. Es ist zu prüfen, ob eine Amtszeitbeschränkung sinnvoll ist, und deren Vor- und Nachteile sorgfältig abzuwägen. Ein regelmässiger Wechsel im strategischen Leitungsorgan kann zu neuer Dynamik führen und neue Türen im Netzwerk öffnen. Gegen eine Amtszeitbeschränkung spricht das hohe Engagement einzelner Mitglieder, insbesondere von Persönlichkeiten, die die NPO mitinitiiert haben. Zudem kann spezifisches Know-how einzelner Schlüsselpersonen durch eine begrenzte Amtszeit verloren gehen.
Auch bei der Geschäftsführung ist eine vorausschauende Nachfolgeplanung essenziell. Themen wie Pensionierungsplanung und der frühzeitige Aufbau einer Nachfolge dürfen - insbesondere in kleineren Organisationen - keine Tabus sein. Es muss frühzeitig geklärt werden, wie der Organisationsbetrieb gesichert und das vorhandene Know-how an die nachfolgende Generation übertragen werden kann.
Können oder sollen nicht alle Anforderungen innerhalb der Trägerschaft oder der Geschäftsführung abgedeckt werden, kann ein erweiterter Beirat geschaffen werden. Dieser kann insbesondere für den Aufbau und die Pflege neuer Netzwerke und zur fachspezifischen Unterstützung beigezogen werden.
Bei Amtsantritt ist eine gezielte und strukturierte Einarbeitung neuer Mitglieder der Trägerschaft sowie neuer geschäftsführender Personen essenziell. Sie sollten mit den Abläufen und der Kultur der Institution vertraut gemacht werden, um eine reibungslose Integration zu gewährleisten.
Rekrutierung der Trägerschaft
Für die Rekrutierung von Mitgliedern der Trägerschaft ist es hilfreich, sich folgende Fragen zu stellen:
- Wie sieht das Anforderungsprofil aus? Welche fachlichen Kenntnisse (wie Finanzen, Recht, Inhalt der Organisation, Erfahrung im Tätigkeitsbereich der Organisation etc.) sind notwendig?
- Wie kann eine diverse Zusammensetzung gewährleistet werden? Berücksichtigung von Geschlecht, Alter, sozialen Milieus etc.
- Bestehen Interessenkonflikte? Soll gegenüber den Gründern eine Unabhängigkeit geschaffen werden?