Eigenmietwert abschaffen? Was dies für Eigentümerinnen und Eigentümer bedeutet

Die steuerliche Behandlung von Wohneigentum ist in der Schweiz ein heiss diskutiertes Thema. Am 28. September 2025 stimmt das Schweizer Stimmvolk über die Abschaffung des Eigenmietwerts ab.

Mit der vorgesehenen Gesetzesvorlage steht möglicherweise ein grundlegender Systemwechsel bevor für die Eigentümer von Liegenschaften. Die anstehenden Änderungen zielen primär auf selbstgenutztes Wohneigentum ab. Im Privatvermögen gehaltene Renditeliegenschaften sind weiterhin als Einkommensquelle steuerbar. Dennoch ergeben sich durch den Systemwechsel auch für private Eigentümerinnen und Eigentümer von Renditeliegenschaften relevante steuerliche Konsequenzen, die frühzeitig beachtet werden sollten.

Was sollten private Eigentümerinnen und Eigentümer von Liegenschaften jetzt wissen?

Um die Auswirkungen richtig einzuordnen, lohnt sich ein Blick auf das heutige System sowie die geplanten Anpassungen.

Das bisherige System

In der Schweiz gilt seit Jahrzehnten das Prinzip der Besteuerung des sogenannten Eigenmietwerts. Dieser Eigenmietwert ist ein fiktives Einkommen, das Eigentümerinnen und Eigentümer selbstgenutzter Immobilien versteuern müssen. Im Gegenzug erlaubt das heutige System, zahlreiche Kosten (u.a. Unterhalt, Verwaltung, Versicherungsprämien, Schuldzinsen) steuerlich geltend zu machen. 

Die geplante Reform

Mit dem Systemwechsel soll der Eigenmietwert auf selbstgenutzten Immobilien abgeschafft werden.

Kernpunkte der Reform sind:

  • Die Abschaffung des Eigenmietwerts und somit keine Besteuerung mehr eines «fiktiven» Mietwerts für selbstgenutzte Liegenschaften (auch für Zweitwohnungen);
  • Streichung des Schuldzinsabzuges;
  • Erhaltung eines begrenzten Schuldzinsabzuges für Ersterwerber (während 10 Jahren);
  • Streichung der Abzüge für Liegenschaftsunterhaltskosten;
  • Einführung einer Objektsteuer bei Zweitwohnungen.

Während die grundlegenden Regeln für vermietete Liegenschaften in weiten Teilen unverändert bleiben, gibt es bei zentralen Punkten spürbare Anpassungen. Die nachfolgende Übersicht basiert auf den aktuell publizierten Gesetzesvorlagen und erläutert die Auswirkungen.

Welches sind die wichtigsten steuerlichen Änderungen?

Die Reform betrifft verschiedene Bereiche der Besteuerung von Liegenschaften. Im Folgenden werden die wichtigsten Änderungen kompakt dargestellt.

Besteuerung der Erträge

Der Eigenmietwert wird vollständig und für sämtliche selbstgenutzten Liegenschaften und Zweitwohnungen abgeschafft.

Mieteinnahmen aus Renditeliegenschaften bleiben voll steuerpflichtig. Das bedeutet, sämtliche Einnahmen aus Vermietung oder Verpachtung müssen als Einkommen versteuert werden. Hier ändert sich für private Eigentümerinnen und Eigentümer grundsätzlich nichts.

Abzüge für Unterhalt und Verwaltung

Die bisherigen Abzüge für Liegenschaftsunterhaltskosten bei selbstgenutzten Liegenschaften fallen vollständig weg.

Unverändert bleibt die Möglichkeit, Unterhaltskosten für vermietete oder verpachtete Liegenschaften steuerlich geltend zu machen.

Neuerungen bei Energie- und Umweltschutzinvestitionen

Investitionen in Energiespar- oder Umweltschutzmassnahmen, wie beispielsweise die Installation einer Photovoltaikanlage oder die energetische Sanierung der Gebäudehülle, können auf Stufe der direkten Bundessteuer künftig nicht mehr abgezogen werden. Der Abzug ist auf Stufe der Direkten Bundessteuer neu weder für selbstgenutzte Liegenschaften noch für Renditeliegenschaften vorgesehen.

Die Kantone können entsprechende Abzüge zwar weiterhin gewähren, sind dabei jedoch zeitlich limitiert – spätestens ab 2050 ist damit auch auf Kantonsebene Schluss. Damit fällt für viele Eigentümerinnen und Eigentümer ein wichtiger steuerlicher Anreiz für nachhaltige Investitionen weg, zumindest auf Bundesebene.

Abzug von Schuldzinsen

Eine weitere einschneidende Änderung ist die neue Regelung zum Schuldzinsabzug. Bisher konnten private Schuldzinsen weitgehend abgezogen werden. Neu wird dieser Abzug auf den Anteil beschränkt, der sich am Verhältnis des unbeweglichen Vermögens (ohne selbstgenutzte Liegenschaften) zum gesamten Vermögen ergibt. Somit berechnet sich der Schuldzinsabzug neu quotal wie folgt:

formel eigenmietwert

Im Ergebnis führt die Einschränkung des Schuldzinsabzugs dazu, dass keine Schuldzinsen mehr abzugsberechtigt sind für Steuerpflichtige, die lediglich bewegliches Vermögen und/oder selbstgenutzte Liegenschaften halten.

Was bedeuten die Änderungen konkret?

Die nachfolgenden Praxisfälle zeigen exemplarisch, wie sich die geplanten steuerlichen Anpassungen nach dem Systemwechsel auf die Steuerlast von Eigentümerinnen und Eigentümern auswirken können. Für jedes Beispiel wird die Ausgangslage sowie die konkrete Veränderung der Steuerlast dargestellt, sollten die neuen gesetzlichen Regeln in Kraft treten.

Beispiel 1: Selbstgenutzte Liegenschaft

Ein Ehepaar mit Wohnsitz in Aarau hat eine selbstbewohnte Liegenschaft. Im Jahr 2025 beträgt ihr steuerbares Vermögen CHF 2.0 Mio., die Gesamtaktiven belaufen sich auf CHF 3.0 Mio., wovon CHF 1.2 Mio. auf die Liegenschaft entfallen. Das Erwerbseinkommen liegt bei CHF 120'000, der Eigenmietwert beträgt CHF 30'000. Der ordentliche Liegenschaftsunterhalt macht CHF 6'000 (20%) aus. Die Schuldzinsen betragen CHF 15'000 und die übrigen Abzüge und Sozialabzüge CHF 20'000.

 
in CHF vor Systemwechsel in CHF nach Systemwechsel - Bund in CHF nach Systemwechsel - Kanton
Steuerwert Liegenschaft

Gesamtvermögen/ Gesamtaktiven
1'200'000

3'000'000
1'200'000

3'000'000
1'200'000

3'000'000
Steuerbares Vermögen 2'000'000 2'000'000 2'000'000
Erwerbseinkommen 120'000 120'000 120'000
Eigenmietwert

ordentlicher Liegenschaftsunterhalt
30'000

- 6'000
0

0
0

0
Schuldzinsen - 15'000 0

(40%)
0

(40%)
Sozialabzüge/ übrige Abzüge (approx.) - 20'000 - 20'000 - 20'000
Steuerbares Einkommen 109'000 100'000 100'000
Einkommenssteuern Bund/ Kanton/ Gemeinde

(ohne Vermögenssteuern - verheiratet, konfessionslos, Wohnsitz Aarau, Steuerfuss 2025)
13'800 11'800

Nach den neuen steuerlichen Regeln ergibt sich für diese Konstellation eine um CHF 2'000 tiefere Steuerlast.

Beispiel 2: Selbstgenutzte Liegenschaft und Investition in energiesparende Massnahme

Ein Ehepaar mit Wohnsitz in Aarau hat eine selbstbewohnte Liegenschaft. Im Jahr 2025 beträgt ihr steuerbares Vermögen CHF 2.0 Mio., die Gesamtaktiven belaufen sich auf CHF 3.0 Mio., wovon CHF 1.2 Mio. auf die Liegenschaft entfallen. Das Erwerbseinkommen liegt bei CHF 120'000, der Eigenmietwert beträgt CHF 30'000. Das Ehepaar hat eine neue PV-Anlage für CHF 40'000 installiert. Es wird angenommen, dass der Kanton den Abzug weiterhin vorsieht. Die Schuldzinsen betragen CHF 24'000 und die übrigen Abzüge und Sozialabzüge CHF 20'000.                                                                                                                                                                                                                                                  

in CHF vor Systemwechsel in CHF nach Systemwechsel - Bund in CHF nach Systemwechsel - Kanton
Steuerwert Liegenschaft

Gesamtvermögen/ Gesamtaktiven
1'200'000

3'000'000
1'200'000

3'000'000
1'200'000

3'000'000
Steuerbares Vermögen 2'000'000 2'000'000 2'000'000
Erwerbseinkommen 120'000 120'000 120'000
Eigenmietwert

Investition in energiesparende Massnahme
30'000

- 40'000
0

0
0

- 40'000
Schuldzinsen - 24'000 0

(40%)
0

(40%)
Sozialabzüge/ übrige Abzüge (approx.) - 20'000 - 20'000 - 20'000
Steuerbares Einkommen 66'000 100'000 60'000
Einkommenssteuern Bund/ Kanton/ Gemeinde

(ohne Vermögenssteuern - verheiratet, konfessionslos, Wohnsitz Aarau, Steuerfuss 2025)
5'200 5'700

Im direkten Vergleich zur bisherigen Rechtslage ergibt sich für dieses Ehepaar eine um CHF 5'700 höhere Steuerbelastung nach dem Systemwechsel. Dies, da die Investitionen in energiesparende Massnahmen auf Stufe Direkte Bundessteuer nicht mehr berücksichtigt werden können. Sofern der Kanton den Abzug für energiesparende Massnahmen ebenfalls nicht mehr vorsieht, würde sich die Steuerlast im neuen System noch deutlich mehr erhöhen.

Welche Handlungsempfehlungen gibt es für private Eigentümerinnen und Eigentümer von Liegenschaften?

Auch wenn derzeit noch offen ist, ob der Systemwechsel tatsächlich umgesetzt wird, sollten sich private Eigentümerinnen und Eigentümer von Liegenschaften bereits jetzt aktiv auf die möglichen Veränderungen vorbereiten. Folgende Massnahmen können helfen, die eigene Situation optimal zu gestalten:

Steuerliche Optimierung von abziehbaren Liegenschaftsunterhaltskosten

Wer grössere Ausgaben für Liegenschaftsunterhaltskosten plant, sollte prüfen, ob sich eine zeitnahe Umsetzung vor dem Systemwechsel lohnt. So können die bestehenden Abzugsmöglichkeiten noch einmal optimal genutzt werden.

Analyse der eigenen Schuldensituation

Die neue quotal berechnete Abzugsregel macht eine gezielte Überprüfung der Hypothekenstruktur sinnvoll. Es kann sich lohnen, bestehende Hypotheken zu amortisieren oder die eigene Vermögensstruktur umzustellen, um die steuerlichen Nachteile zu minimieren.

Übertrag in eine Immobiliengesellschaft?

In manchen Fällen kann es ratsam sein, vermietete Liegenschaften in eine Immobiliengesellschaft zu überführen. Die steuerlichen Folgen sind jedoch komplex und sollten immer individuell mit einer Fachperson besprochen werden.

Warum lohnt sich eine individuelle Steuerberatung für private Eigentümerinnen und Eigentümer von Liegenschaften?

Die Reform der Wohneigentumsbesteuerung ist komplex und ihre Auswirkungen auf die Liegenschaften hängen stark von der individuellen Vermögens- und Schuldensituation ab. Da insbesondere energetische Sanierungen und hohe Hypotheken ihren bisherigen steuerlichen Vorteil teilweise verlieren, ist eine frühzeitige und vorausschauende Planung entscheidend, um finanzielle Nachteile zu vermeiden. Jede Situation ist anders – deshalb empfehlen wir, sich frühzeitig mit einer qualifizierten Steuerexpertin oder einem Steuerexperten abzusprechen, um die optimale Strategie für Ihre persönliche Situation zu finden. Wir unterstützen Sie dabei gerne mit unserer Erfahrung und unserem Know-how.

Steuerliche Veränderungen im Blick

Unsere Steuerexpertinnen und -experten beobachten die aktuellen Entwicklungen rund um die Besteuerung von Liegenschaften für Sie genau und kennen die Details der neuen Gesetzesvorlagen. Wir unterstützen Sie persönlich dabei, die optimale steuerliche Lösung für Ihre Situation zu finden – damit Sie auch in Zukunft sicher planen können.

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