Konzerninterne Finanzierung ohne steuerliche Risiken

Wenn mehrere Unternehmen zu einer Gruppe gehören, stellt sich oft die Frage: Wie lassen sich überschüssige Mittel effizient innerhalb des Konzerns nutzen, ohne steuerliche Risiken einzugehen? Die sogenannte «konzerninterne Finanzierung» (englisch Intercompany Financing) bietet KMU interessante Möglichkeiten zur Liquiditätssteuerung. Der folgende Beitrag erläutert die zentralen Aspekte aus Sicht der Verrechnungspreise und zeigt, wie die konzerninterne Finanzierung steuerlich wirksam und regelkonform eingesetzt werden kann.

Was bedeutet konzerninterne Finanzierung – und was bringt sie KMU?

Die konzerninterne Finanzierung benennt verschiedene Formen, wie Geld innerhalb einer Unternehmensgruppe «von A nach B» fliessen kann. Ein Unternehmen vergibt z.B. ein Darlehen an ein anderes oder übernimmt zentrale Aufgaben bei der Finanzierung (z.B. über Cash Pooling). Der Vorteil: KMU sparen externe Zinskosten, gleichen Liquiditätsengpässe gruppenintern aus und können sogar steuerliche Vorteile erzielen.

Doch Vorsicht: Die Steuerbehörden schauen bei solchen Finanzierungen genau hin. Um Probleme zu vermeiden, müssen gewisse Regeln beachtet werden.

Die wichtigste Regel: der Fremdvergleichsgrundsatz

Der sogenannte Fremdvergleichsgrundsatz (englisch arm’s length principle) ist zentral für jede konzerninterne Finanzierung. Er besagt: Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen müssen so gestaltet sein, als wären sie zwischen unabhängigen Dritten abgeschlossen worden. Oder anders gesagt: Wenn Sie einem Familienmitglied ein Produkt verkaufen, tun Sie das zu demselben Preis, den auch ein fremder Kunde zahlen müsste.

Aus steuerlicher Sicht soll so sichergestellt werden, dass jedes Unternehmen innerhalb eines Konzerns seinen fairen Anteil am Gewinn erwirtschaftet und entsprechend auch seinen fairen Anteil an Steuern bezahlt. Auf die konzerninterne Finanzierung übertragen heisst das: Ein konzerninternes Darlehen muss zu denselben Bedingungen gewährt werden, wie sie eine externe Partei (z.B. eine Bank) Ihrem KMU anbieten würde. Dazu zählen insbesondere Laufzeit, Zinssatz und vertragliche Konditionen.

Welche Modelle der konzerninternen Finanzierung gibt es?

Es gibt verschiedene Varianten der konzerninternen Finanzierung, die sich je nach Ziel und Unternehmensstruktur eignen:

Konzerninterne Finanzierungsvarianten Vorteile Herausforderungen
Gesellschafterdarlehen Schneller Zugriff auf Liquidität ohne externe Kreditgeber Nachweis der Fremdüblichkeit
Intercompany-Darlehen Schneller Zugang zu Finanzmitteln
Interne Mittel effizient nutzen
Marktgerechte Zinsfestlegung, Aufbau von Substanz beim Kreditgeber
Cash Pooling Verbesserung der Liquidität, Verwaltung von Liquiditätsüberschüssen und -defiziten, Wegfall externer Finanzierungskosten und Verrechnung innerhalb der Gruppe (Differenz zwischen dem Einlagen- und dem Sollzinssatz) Vergütung des Cash Pool Leaders, Strukturierung, Substanzanforderungen
Back-to-Back-Finanzierung Zugang zu mehr Mitteln, Währungsabsicherung, Nutzung steuerlicher Unterschiede Komplexe Anforderungen an Substanz, Zinsfestlegung, Risikoanalysen

Was ist bei der konzerninternen Finanzierung zu beachten?

Damit Ihre konzerninterne Finanzierung steuerlich korrekt und international akzeptiert ist, müssen sowohl die Schweizer Vorschriften als auch die internationalen Verrechnungspreisstandards (englisch Transfer Pricing, kurz TP) eingehalten werden. Besonders wichtig sind dabei drei Elemente:

  • Substanz: Steuerbehörden achten nicht nur auf die Form, sondern vor allem auf die tatsächlichen Funktionen und Risiken. Das Unternehmen, das innerhalb der Gruppe als Kreditgeber, Cash-Pool-Leader oder Finanzintermediär auftritt, muss über qualifiziertes Personal verfügen, das die Finanzierung aktiv steuert und Risiken einschätzen kann.
  • Vertragsbedingungen: Die Konditionen der Finanzierung – etwa Zinssatz, Laufzeit oder Sicherheiten – müssen marktüblich sein und dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen.
  • Zinssatz: Auch der Zinssatz muss fremdüblich sein. In der Schweiz kann er auf zwei Arten bestimmt werden:
    • Schweizer Safe Harbor: Ein einfacher, praxisnaher Ansatz mit festen Zinssätzen, die von der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) vorgegeben werden. Ideal für Unternehmen, die eine unkomplizierte Lösung mit Steuersicherheit in der Schweiz suchen.
    • OECD-Ansatz: Eine detaillierte Analyse, bei der die Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers geschätzt und eine Benchmarking-Analyse erstellt wird. Dieser Ansatz bietet mehr Flexibilität und wird international eher anerkannt.

Schweizer Safe-Harbor-Ansatz vs. OECD-Ansatz - was passt besser?

Der schweizerische Safe-Harbor- und der OECD-Ansatz bieten unterschiedliche Vor- und Nachteile bei der Festlegung von Zinssätzen.

Ansatz Vorteile Nachteile
Schweizer Safe Harbor
  • Steuersicherheit in der Schweiz
  • Pragmatischer Ansatz
  • Keine Notwendigkeit für eine TP-Analyse
  • Eingeschränkte Flexibilität
  • Keine Gewissheit, dass die Anerkennung auch im Ausland erfolgt
  • Verpasste Steuerplanungsmöglichkeiten
OECD-Ansatz
  • Steuerliche Gewissheit in der Schweiz und im Ausland
  • Möglichkeiten der Steuerplanung
  • Mögliche Steuerersparnisse der Gruppe
  • Erfordert eine TP-Analyse

Das nachstehende Beispiel zeigt die potenziellen Steuereinsparungen durch die Anwendung des OECD-Ansatzes anstelle des Schweizer Safe-Harbor-Ansatzes.

  Schweizer Rechtsträger (Darlehensgeber) Britischer Rechtsträger (Darlehensnehmer) Schweizer Rechtsträger (Darlehensgeber) Britischer Rechtsträger (Darlehensnehmer)
  Schweizer Safe Harbor OECD-Ansatz
Darlehen CHF 20'000'000 CHF 20'000'000
Gewinnsteuer 19,70% 25,00% 19,70% 25,00%
Zinssatz 1,00% 7,00%
Zinserträge CHF 200'000   CHF 1'400'000  
Zinsaufwand   CHF 200'000   CHF 1'400'000
Steuerersparnis UK   CHF 50'000   CHF 350'000
Steuern in der Schweiz CHF 39'400   CHF 275'800  
Steuerersparnis Gruppe CHF 10'600.00   CHF 74'200  
Safe Harbor vs. OECD CHF 63'600
* Die fremdüblichen Steuersätze werden nur zur Veranschaulichung verwendet.

 

Ergebnis: Die Kosten einer TP-Analyse werden in vielen Fällen durch die resultierende Steuerersparnis deutlich übertroffen. Mit dem OECD-Ansatz kann die Gruppe in diesem Beispiel über CHF 63'000 an Steuern sparen, da der höhere Zinssatz zu höheren abzugsfähigen Kosten im Ausland führt, während die Erträge in der Schweiz moderater besteuert werden. Angesichts dieser erheblichen Steuerersparnis lohnt sich eine TP-Analyse in solchen Fällen definitiv.

Die Schweizer Steuerbehörden akzeptieren auch abweichende Zinssätze vom Safe Harbor, sofern der Steuerpflichtige nachweisen kann, dass diese dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen. Dafür müssen insbesondere folgende Punkte dokumentiert werden:

  • Die Kreditwürdigkeit des Kreditnehmers: Sie zeigt, zu welchen Konditionen dieser am Markt realistischerweise ein Darlehen erhalten würde.
  • Ein marktüblicher Zinsvergleich (Benchmarking), basierend auf den konkreten Vertragsbedingungen des Darlehens (z.B. Laufzeit, Währung, Besicherung).

Nur wenn diese Dokumentation vollständig und nachvollziehbar ist, gilt ein individuell festgelegter Zinssatz als steuerlich akzeptiert, auch wenn er vom offiziellen Schweizer Safe Harbor abweicht.

Globale Zinssenkungen – was bedeutet das für Ihre konzerninterne Finanzierung?

Weltweit verfolgen die Zentralbanken, darunter die US-Notenbank, die Europäische Zentralbank und die Bank of England, derzeit das Ziel, ihre Leitzinsen zu senken, um die wirtschaftliche Entwicklung zu fördern.

Stand April 2025 lagen die Zinssätze in den USA und Grossbritannien bei 4,50 Prozent, in der Eurozone bei 2,75 Prozent. In der Schweiz dagegen wurde der Leitzins bereits im März 2025 auf nur 0,25 Prozent gesenkt. Sollte der globale Abwärtstrend anhalten, dürfte sich dieser Zinsabstand weiter verringern.

Was heisst das für KMU mit internationaler konzerninterner Finanzierung?

Ein starrer Rückgriff auf die Schweizer Safe-Harbor-Zinssätze ist nicht immer sinnvoll. Gerade in einem Umfeld sinkender internationaler Zinssätze kann es ratsam sein, die gruppeninterne Finanzierungsstrategie regelmässig zu überprüfen und flexibel zu gestalten. Eine individuell abgestimmte TP-Analyse hilft dabei, die aktuelle Marktlage zu berücksichtigen, steuerliche Risiken zu reduzieren und Optimierungspotenziale zu nutzen.

Zudem gilt: Ausländische Steuerbehörden sind nicht verpflichtet, die Schweizer Safe-Harbor-Sätze zu akzeptieren. Sie können die angesetzten Zinssätze anfechten, wenn diese nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen. In der Praxis kann das dazu führen, dass Erträge in der Schweiz zu niedrig und abzugsfähige Zinsaufwände im Ausland zu hoch angesetzt werden, was Nachbesteuerungen oder Strafen nach sich ziehen kann.

Ist der Schweizer Safe-Harbor-Satz fremdvergleichskonform?

Nein, die von der Eidgenössischen Steuerverwaltung festgelegten Safe-Harbor-Zinssätze gelten international nicht automatisch als fremdvergleichskonform. Sie sind eine einseitige Vereinfachung für den Schweizer Steuerkontext und sollen Unternehmen administrativ entlasten. Doch: Diese Sätze spiegeln nicht zwingend die tatsächlichen Marktbedingungen wider und werden von anderen Ländern nicht verbindlich anerkannt.

Gerade bei grenzüberschreitenden Finanzierungen kann daher eine vollständige TP-Analyse erforderlich sein, um nachzuweisen, dass der verwendete Zinssatz dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht – also marktüblich ist.

Ist der Schweizer Safe-Harbor-Ansatz die beste Wahl für Ihre konzerninterne Finanzierung?

Der Schweizer Safe-Harbor-Ansatz ist eine pragmatische Lösung – einfach umsetzbar und mit Steuersicherheit innerhalb der Schweiz verbunden. Doch: Er ist nicht immer die beste Option. Wer sich ausschliesslich auf Safe-Harbor-Sätze verlässt, kann seine Unternehmensgruppe unnötigen Risiken im Ausland aussetzen – etwa durch steuerliche Anpassungen, wenn andere Steuerbehörden die Zinssätze als nicht marktüblich einstufen.

Darüber hinaus bleiben mit der Safe-Harbor-Lösung steuerliche Gestaltungsspielräume ungenutzt. Der gewählte Zinssatz und die Struktur der konzerninternen Finanzierung sollten deshalb nicht nur formal korrekt, sondern strategisch durchdacht sein – etwa um den Cashflow innerhalb der Gruppe zu optimieren, flexibler zu finanzieren und die Gesamtsteuerlast zu senken.

Kurzum: Der Schweizer Safe-Harbor-Ansatz eignet sich für Standardfälle in der Schweiz. Wer international tätig ist, sollte jedoch prüfen, ob eine individuell abgestimmte TP-Lösung nicht sinnvoller ist – gerade, wenn es um Steueroptimierung und Rechtssicherheit im Ausland geht.

Die interne Finanzierung bietet KMU grosse Chancen

Aber auch Risiken! Ob Sie den vereinfachten Schweizer Safe-Harbor-Weg wählen oder eine massgeschneiderte Lösung entwickeln möchten: Unsere Expertinnen und Experten bei BDO helfen Ihnen, steuerlich optimal vorzugehen, regulatorische Anforderungen zu erfüllen und die finanzielle Flexibilität Ihrer Gruppe zu stärken.

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