Neue Regeln für internationale Erbangelegenheiten

Per 1. Januar 2025 tritt die Revision des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPRG) in Kraft. Damit gelten in der Schweiz ab dem kommenden Jahr neue Regeln für internationale Erbangelegenheiten.

Ziel und Hintergrund der Revision ist neben der Modernisierung des internationalen Erbrechts der Schweiz eine Anpassung an die Entwicklungen im Ausland, insbesondere an das Europäische Recht (EU-Erbrechtsverordnung). Das Risiko von Zuständigkeitskonflikten soll verringert und damit die Rechtssicherheit erhöht werden.

 

Was bleibt gleich?

Das revidierte internationale Erbrecht hält grundsätzlich auch künftig am Anknüpfungsort des letzten Wohnsitzes des Erblassers fest. Zudem folgt es weiterhin dem Grundsatz der Nachlasseinheit (gleiche Zuständigkeit und gleiches Recht für den gesamten, weltweiten Nachlass), wobei Ausnahmen möglich sind.

 

Was ändert sich?

Zuständigkeit

  • Möglichkeit für Auslandschweizer, die für ihren Nachlass die Anwendung des Schweizer Rechts wählen, die ausländischen Wohnsitzbehörden für ihren Nachlass für zuständig zu erklären;
  • Möglichkeit für Ausländer mit Wohnsitz in der Schweiz, die Heimatbehörden für zuständig zu erklären;
  • Möglichkeit, die im Ausland gelegenen Liegenschaften der betreffenden ausländischen Zuständigkeit zu unterstellen;
  • Möglichkeit, in den vorgenannten Fällen nur einen Teil des Nachlasses der ausländischen Zuständigkeit zu unterstellen.

Anwendbares Recht

  • Möglichkeit für Schweizer Doppelbürger mit Wohnsitz in der Schweiz, das ausländische Heimatrecht für anwendbar zu erklären, wobei das Schweizer Pflichtteilsrecht vorbehalten bleibt.
 

Was bedeutet das konkret?

Die neuen Regelungen geben insbesondere Personen mit Vermögenswerten im In- und Ausland sowie Schweizer Doppelbürgern bei der Nachlassplanung zusätzliche Gestaltungsmöglichkeiten, wie die nachfolgenden Beispiele zeigen:

Wegbedingung der Schweizer Zuständigkeit

Ausländer mit letztem Wohnsitz in der Schweiz

Ein deutscher Staatsangehöriger mit Wohnsitz in der Schweiz verfügt über Vermögenswerte in Deutschland. Um Konflikte bei der Nachlassabwicklung zu vermeiden, möchte er seinen künftigen Nachlass seinem deutschen Heimatrecht unterstellen. Gemäss EU-Erbrechtsverordnung sind die deutschen Behörden für seinen gesamten weltweiten Nachlass zuständig. Aus Schweizer Sicht sind jedoch die Schweizer Behörden an seinem letzten Wohnsitz in der Schweiz zuständig. Um einen solchen Kompetenzkonflikt zu vermeiden, kann der deutsche Staatsangehörige seinen Nachlass neu ganz oder teilweise der deutschen Zuständigkeit unterstellen.

Schweizerin mit letztem Wohnsitz im Ausland

Eine Auslandschweizerin wünscht, dass auf ihren künftigen Nachlass ihr Heimatrecht Anwendung findet. Nach bisherigem Recht wären infolge dieser Rechtswahl die schweizerischen Behörden für ihren Nachlass zuständig. Aufgrund ihres letzten Wohnsitzes im Ausland werden sich allerdings in zahlreichen Fällen die entsprechenden Wohnsitzbehörden ebenfalls für zuständig erklären (Domizilprinzip). Neu kann die Auslandschweizerin durch Wegbedingung der schweizerischen Zuständigkeit bzw. Bestimmung der Zuständigkeit Behörden an ihrem Wohnsitz einen Kompetenzkonflikt vermeiden.

In beiden Fällen führt die Regelung zur Vermeidung von Zuständigkeitskonflikten zwischen den verschiedenen Behörden und damit zu mehr Rechtssicherheit.

Rechtswahlmöglichkeit für Schweizer Doppelbürger

Ein Engländer mit Wohnsitz in der Schweiz hat durch Testament seinen künftigen Nachlass seinem englischen Heimatrecht unterstellt, das ihm die Errichtung eines Trusts nach englischem Recht ermöglicht. Nach einigen Jahren in der Schweiz erwirbt der Engländer die Schweizer Staatsangehörigkeit, ohne seine englische Staatsangehörigkeit aufzugeben. Nach bisherigem Recht unterlag er als Doppelbürger zwingend dem schweizerischen Erbrecht. Eine Anwendung des englischen Erbrechts war nicht mehr möglich. Neu kann er weiterhin englisches Erbrecht wählen, jedoch mit der Einschränkung, dass das schweizerische Pflichtteilsrecht zu beachten ist. Das heisst, selbst wenn sein englisches Heimatrecht keine entsprechenden Pflichtteilsrechte kennt, haben seine Kinder Anspruch auf ihren Pflichtteil gemäss schweizerischem Recht.

Übergangsrecht

Und was gilt, wenn ein Erblasser ein Testament unter altem Recht (also vor dem 1. Januar 2025) verfasst hat, jedoch nach Inkrafttreten des neuen Rechts verstirbt? Massgebend ist grundsätzlich nicht der Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung von Todes wegen, sondern dasjenige Recht, das im Todeszeitpunkt in Kraft war. Die Revision kann daher Anlass bieten, bestehende Nachlassplanungen zu überprüfen.

Die neuen Gestaltungsmöglichkeiten des revidierten Gesetzes müssen in die internationale Nachlassplanung integriert und neben den erbrechtlichen, ausländerrechtlichen (z.B. Lex Koller) und steuerrechtlichen Folgen der Nachlassregelung berücksichtigt werden. Gerne unterstützen unsere Spezialistinnen und Spezialisten Sie bei Ihrer Nachlassplanung.