Nach der Firmenübernahme: 5 Schritte für die ersten 100 Tage
Nach der Firmenübernahme: 5 Schritte für die ersten 100 Tage
Eine Firmenübernahme ist weit mehr als ein rechtlicher oder finanzieller Schritt. Der eigentliche Erfolg zeigt sich erst danach: Gelingt es der neuen Inhaberin oder dem neuen Inhaber, Vertrauen aufzubauen, Erwartungen zu klären und die Mitarbeitenden im Veränderungsprozess mitzunehmen? Die ersten 100 Tage spielen dabei eine entscheidende Rolle. In dieser Phase werden Weichen gestellt: Zu schnelles Handeln weckt Widerstand, zu langsames Handeln verspielt Chancen. Wer die Balance findet, legt den Grundstein für eine erfolgreiche Zusammenarbeit und eine respektvolle Weiterentwicklung der Unternehmenskultur.
Die folgenden fünf Schritte helfen, diesen Prozess bewusst zu gestalten.
1. Eigene Rolle nach Firmenübernahme klären und glaubwürdig auftreten
Am Anfang steht die Selbstreflexion: Welche Motivation hat Sie zur Übernahme bewegt? Welche Werte und Ziele möchten Sie einbringen? Wer hier Klarheit gewinnt, tritt authentischer auf und wirkt auch in unsicheren Situationen souverän.
Ein bewährtes Mittel ist eine kurze Antrittsrede oder Vorstellungsrunde:
- Sagen Sie, warum Sie das Unternehmen übernommen haben und welche Werte Ihnen wichtig sind.
- Machen Sie klar, dass Sie zuhören und lernen möchten, bevor Sie Veränderungen einleiten.
- Vermeiden Sie Versprechen, die Sie nicht halten können.
2. Erwartungen nach der Firmenübernahme verstehen
Gerade am Anfang gibt es viel Potenzial für Missverständnisse. Von oben heisst es oft: «Wir haben volles Vertrauen in Sie.» Dahinter verbergen sich jedoch unausgesprochene Erwartungen. Hier hilft ein strukturiertes Wechselgespräch mit Verwaltungsrat, Miteigentümerinnen oder bisherigen Entscheidungsträgern. Fragen Sie konkret:
- Was sind Ihre Erfolgskriterien?
- Wann wären Sie enttäuscht?
- Welche Unterstützung erwarten Sie von mir?
Auch im Team lohnt sich dieser Schritt. Einzelgespräche mit Mitarbeitenden zeigen Respekt und Wertschätzung. Fragen Sie nach ihren Aufgaben, Hoffnungen, aktuellen Herausforderungen und Erwartungen an Sie. Oft geht es weniger um Informationen als darum, Vertrauen aufzubauen.
Bedenken Sie dabei: Erwartungen sind keine Checkliste, die sofort erfüllt werden muss, sondern eine wertvolle Grundlage für Ihre eigene Strategie.
3. Schlüsselbeziehungen aktiv aufbauen
Ein Grossteil aller gescheiterten Führungsübernahmen scheitern an schlechten Beziehungen. Investieren Sie daher gezielt in Ihr Beziehungsnetz. Wichtig sind nicht nur die direkt unterstellten Mitarbeitenden, sondern auch:
- informelle Meinungsführerinnen im Team,
- zentrale Kundinnen und Kunden,
- Verwaltungsrat und andere Schlüsselpersonen,
- potenziell enttäuschte Mitbewerber um die Führungsrolle.
Zeigen Sie Verständnis für schwierige Situationen, aber vermeiden Sie es, sich zu rechtfertigen oder falsche Hoffnungen zu wecken. Bleiben Sie respektvoll neutral gegenüber Ihrer Vorgängerin oder Ihrem Vorgänger. Kritik an ihr oder ihm kann schnell Loyalitäten wecken und das Vertrauen untergraben.
Nehmen Sie sich bewusst Zeit für Beziehungspflege, auch wenn operative Aufgaben drängen. Ein starkes Netzwerk zahlt sich langfristig aus.
4. Ausgangslage im neuen Unternehmen analysieren statt vorschnell handeln
Die Versuchung ist gross, sofort Probleme anzupacken. Doch wer vorschnell handelt, übersieht oft die ungeschriebenen Regeln im Unternehmen. Stellen Sie Fragen, bevor Sie Lösungen präsentieren:
- Welche Prozesse funktionieren gut und sollten stabil bleiben?
- Welche Massnahmen wurden schon versucht?
- Welche «heimlichen» Spielregeln prägen das Unternehmen?
Je mehr Perspektiven Sie einbeziehen – von Mitarbeitenden, Kolleginnen und Kunden – desto klarer wird Ihr Bild. Diese Analyse verhindert, dass Sie Energie in Themen stecken, die gar nicht entscheidend sind.
5. Gemeinsame Ziele und Unternehmenskultur entwickeln
Nach der Analyse folgt die Gestaltung. Entwickeln Sie mit Ihrem Team eine Zielelandschaft, die sowohl Stabilität als auch Veränderung berücksichtigt:
- Stabilitätsziele würdigen das, was gut läuft und Sicherheit gibt.
- Veränderungsziele setzen neue Impulse und geben Orientierung.
Beziehen Sie die Mitarbeitenden aktiv in diesen Prozess ein. «Die Betroffenen zu Beteiligten machen» ist hier ein zentraler Erfolgsfaktor.
Nicht unterschätzen sollten Sie die Sprache der Symbole und Rituale:
- Wie feiern Sie gemeinsame Erfolge?
- Wie gehen Sie mit Fehlern um?
- Welche Gesten zeigen Wertschätzung?
Solche Signale prägen die Kultur nachhaltiger als jede Strategie.
Fazit: Der Start nach der Firmenübernahme ist ein Prozess
Eine Firmenübernahme ist kein Sprint, sondern ein Prozess über viele Monate. Wer die Balance zwischen Tempo und Bedacht findet, baut Vertrauen auf und legt das Fundament für eine starke gemeinsame Zukunft.
Am Ende entscheidet nicht der Kaufvertrag über den Erfolg, sondern das Miteinander von Menschen und Unternehmenskulturen.